Hotchkiss Beobachtungspanzer Typ22-2

 

Das Original

Der SPz kurz "Hotchkiss" war ein kleines, leicht gepanzertes Fahrzeug der frühen Bundeswehr. Die Basis des französischen Schützenpanzers HOTCHKISS TT 6 wurde mit einer zusätzlichen Laufrolle verlängert sowie mit der 20 mm Bordmaschinenkanone des SPz lang HS 30 ausgerüstet. Zur Anpassung an unterschiedliche Aufgaben wurde der Panzer in den folgenden Ausführungen geliefert:
Schützenpanzer Halbgruppe u. Funk, Typ 11-2, mit 20 mm MK (PzGrenBtl und PzAufklBtl)
Gepanzerter Krankenkraftwagen Typ 2-2, für zwei Feldtragen (alle Panzerverbände)
Mörserträger, Typ 51-2 für 81 mm Mörser (PzGrenBtl)
Radarträger für Gefechtsfeldradar, Typ 91-2, AN/TPS-33 (DivPzAufklBtl)
Beobachtungspanzer, Typ 22-2, für VB der Artillerie (PzAufkl- und PzArtBtl)

In den Jahren 1959 bis 1964 wurden insgesamt 2374 Fahrzeuge dieser Varianten in Lizenz von Magirus in Mainz gebaut.
Ein durchschlagender Erfolg war dem HOTCHKISS nicht beschieden. Trotz guter Geländegängigkeit war er einfach zu laut, zu langsam (Rückwärtsfahrt nur mit Schrittgeschwindigkeit) und besaß ein Fahrwerk, das mit seinen bruchanfälligen Steckachsen sehr häufig zu Liegenbleibern führte. So verwundert es auch nicht, daß viele der Unterlegkeile schon in den 70er und endgültig dann Ende der 80er-Jahre von den SPz MARDER, SpPz LUCHS und den TPz FUCHS abgelöst wurden.


Das Modell

Die Firma PERFECT SCALE bietet seit einiger Zeit den SPz kurz HOTCHKISS in den Ausführungen mit 20mm BMK, als Krankentransporter sowie als Beobachtungspanzer an. Letzterer ist Gegenstand des vorliegenden Bauberichts. Mir persönlich gefiel diese Variante mit den vorn liegenden Nebelwerfern und der relativ flachen Silhouette am besten. Dies ist aber reine Geschmackssache. Als nachteilig mag man empfinden, daß der Beobachter im Gegensatz zu seinen beiden Kameraden keine Innenausstattung besitzt. Mir wars nur allzu recht, da ich keine Lust hatte, mich noch weiter mit Innereien zu verzetteln.
Was PERFECT SCALE mit dem hier gezeigten Modell abliefert ist eine kleine Meisterleistung. Noch nie hatte ich ein derartig sauber und gleichzeitig so filigran gegossenes Resin-Modell gesehen. Das Material ist relativ weich und zäh, läßt sich aber hervorragend bearbeiten und - falls nötig - wieder in Form bringen. Verzüge konnte ich an so gut wie keinem der Teile feststellen, ebensowenig waren Teile zerbrochen oder defekt. Dafür sorgt die ordentliche Verpackung der Gußäste in mehreren Klarsichttüten. Lufteinschlüsse waren extrem selten und leicht korrigierbar. Die Strategie von PERFECT SCALE, möglichst viele, z. T. auch sehr aufwendige Strukturen an den Hauptelementen bereits mit anzugießen, erlaubt den zügigen Bau des Modells bei gleichzeitig extrem hohem Detaillierungsniveau. Die Gleiskette ist als Einzelgliederkette ausgeführt, deren Elemente sich sehr einfach vom Gießast lösen lassen. Dem Bausatz liegen die erforderlichen Decals sowie ein Stück biegsamer Draht bei. Die Bauanleitung ist mustergültig strukturiert und läßt keine Fragen zur Montage der Teile offen. Auch Farbgebung des Modells und Positionierung der Decals sind darin beschrieben.

Der Umbau

Einleitend gilt es festzuhalten, daß die nachfolgend genannten Modifikationen im Prinzip gar nicht nötig gewesen wären. Wie oben bereits beschrieben, läßt sich bereits aus der Box ein wunderschönes Modell in verhältnismäßig kurzer Zeit bauen. Die von mir durchgeführten Umbauten waren mir aber wichtig, da sie erst den geliebten Tiefgang eines Modells ermöglichen, der meist erst auf den zweiten oder dritten Blick erkannt wird. Vorlage dazu war das im Panzermuseum Munster verbliebene Originalfahrzeug.
Die Montage von Ober- und Unterwanne gestaltet sich relativ ein-fach und unkompliziert. Nach vorsichtigem Abtrennen der zwar dün-nen, aber langen Angüsse können beide Teile miteinander verklebt werden. Die nachträglich zu verarbeitende Menge an Spachtel hängt vom Geschick des Modellbauers ab - im Idealfall ist überhaupt keine Nacharbeit erforderlich.
Auf der in Fahrtrichtung linken Wannenseite wurden die Werkzeughalterungen aus Messingblech und Kupferdraht neu angebracht. Dazu wurden die Stiele der separat beiliegenden Bordwekzeuge durch EVERGREEN-Rundprofile ersetzt (erspart das mühselige Entfernen der angegossenen Werkzeughalterungen). Ferner wurden die Halterungen der Ersatzkettenglieder und deren Verschlüsse aus Messing gefertigt und mit überzähligen Einzelkettengliedern aus dem Bausatz ergänzt. Die Trittstufe der Aufstiegshilfe oberhalb der ersten Stützrolle wurde auf Blechstärke abgefeilt.
An der linken Wannenseite wurden die zugebenermaßen äußerst filigranen Zurrösen zum Fixieren der Fahrzeugplane entfernt und durch entsprechende Drahtösen ersetzt. Die Riemen zur Befestigung der Plane wurden mittels Bleifolie von der Plane zu den Zurrösen geführt. Da ich für Abschleppseile fast ausschließlich gewickelten Stahldraht verwende, wurde auch die zugehörigen Halterungen aus Drahthaken gebogen und nach Originalvorlage montiert. Die Drahtseile wurden an den Enden vorbildgerecht gebogen und mit Kauschen aus hohlgebohrten Rundprofilen abgefaßt. Zusätzlich wurden noch Karabiner in 0-Form eingehängt. Rechts der geschlossenen Beschußklappe wurde ein Winkelblech montiert (Vorlage Munster-Fahrzeug). Auf beiden Fahrzeugseiten wurden die oberhalb der Ketten verlaufenden Schutzbleche dünner geschliffen, um den Eindruck von Blechstärke zu erzeugen.
An der Fahrzeugfront wurden die Lampenschutzbügel aus dickerem Draht neu aufgebaut. Der Aufwand ist nicht unerheblich, da die Ausführung mehrteilig sein muß und die entsprechenden Fügestellen glatt sein sollten. Mit flüssigem Sekundenkleber und viel Geduld gelang die Aktion. Ich habe lange mit mir gerungen, diese Teile zu ersetzen, aber die dem Bausatz beiligenden kamen mir einen Tick zu wuchtig vor. Als nächstes wurde die Lampenhalterung aus plastic card erstellt, die Lampen ausgebohrt zur Aufnahme von Klarsichtlinsen und auf die Halterungen gesteckt. Eine Kabelfüh-rung aus Messingdraht und daran anschließend ein dünneres Stück Kupferdraht stellen die Stromzufuhr zu den Nebelbechern dar. Letztere wurden mit Kettchen von ABER verfeinert.
Die Rückspiegel wurden noch während des abschließenden Finishs durch selbsgebaute Exemplare ersetzt. Dazu wurden mit einer Lochstanze entsprechende Teile aus plastic card ausgestanzt und mit einem außenliegenden Ringen aus Kupferdraht ergänzt. Diese stellen die im Original verwendeten Gummi-Ummantelungen der Spiegelflächen dar. Die Spiegel selbst wurden aus Alufolie gestanzt und mit CRYSTAL CLEAR fixiert. Die vorderen Kotflügel wurden mit passenden Stücken aus Messingblech ergänzt, da sie an vielen Originalfahrzeugen zu finden waren. Die Verschraubung wurde mit abgeschnittenen Scheiben aus Rundprofilen dargestellt. Die zugehörige Abdeckung zur Fahrzeugmitte hin wurde ebenfalls aus Messing zurechtgeschnitten und angeklebt. Über den Abschleppösen wurde je ein kleiner Streifen aus Kunststoff angebracht.
Am Heck wurden die Rückleuchten samt Schutzblechen abgetrennt. Die Leuchtensockel entstanden aus Rundprofilen. Die zugehörigen Gläser erhält man aus Plexiglas-Rundprofilen, die flachgeschlif-fen und entsprechend mit rotem bzw. gelbem Transparentlack gefärbt werden. Die Schutzbleche wurden wiederum aus Messingblech gebogen. An den Hecktüren wurden sämtliche Verschlüsse entfernt und durch kleine Plastikstreifen ersetzt. Über den Türen wurde die angegossene Regenrinne entfernt und mit 2 neuen, nach unten abgebogenen Plastikprofilen neu aufgebaut. Dazwischen wurde eine neue Heißöse platziert, da mir die des Bausatzes zu kurz erschien. An der linken Türe wurden noch Verschlüsse und Halterungen für den Bolzenschneider montiert. Das Schutzblech für die Kupplung erschien mir zu kurz und wurde mit aus plastic card neu gefertigt. Rechts davon fand noch eine elektrische Steckdose mit Abdeckkappe ihren Platz. Daneben wurde das eigens aufgebaute Leitkreuz positioniert, das mit Stegen aus plattgedrückter Kup-ferlitze verfeinert ist. An den oberen Ecken des Hecks wurden die Halterungen und Panzerungen der Antennensockel mit platic card aufgebaut. Beide Sockel erhielten eine Kupferlitze, die über eine separate Dichtung ins Fahrzeuginnere gelegt wurde.
Auf der Wannenoberseite wurden Verfeinerungen insbesondere im Bereich der drei Luken vorgenommen. An der Kommandantenkuppel wurden am Innenring des MGs Gummipolster ergänzt. Ferner wurde an der linken Seite der MG-Halterung ein Griff zur Drehring-Arretierung mit zugehöriger Panzerung angebracht. Zusätzliche Panzerbleche in entsprechender Abwinkelung wurden davor montiert. An der benachbarten Luke sowie an der des Fahrers fanden sich Gummistopfen bzw. Halterungen zur Ablage der Luken. Sie wurden ebenfalls aus plastic card und Rundprofilen nachgebildet.
Die Ketten aus Resin wurden an den außenliegenden Seiten allesamt aufgebohrt - mühsam und zudem kaum erkennbar, aber einfach nur schön im Detailblick. Anschließend wurde die Kette segmentweise montiert, immer ca. 10 Stück zusammen. An Lauf- undTreibrad wurden die Glieder direkt an die Rundungen angepaßt. Das Zusammmen-setzen der Segmente verlief bei mir etwas problematisch - es war meine erste Resinkette und ist damit entschuldbar. Zuguterletzt wurden die Segmente kurzerhand an die Rollen gepunktet, was dann zu einem passablen Ergebnis führte und auch Anfängern eine Chance läßt. Den Spaß beim Lackieren der Laufflächen und Altern der Kette will ich allerdings nicht unerwähnt lassen&

Bemalung/Alterung

Das Modell wurde zuerst mit TAMIYA olive drab unter Zumischung von buff und dark green deckend gepritzt. Anschließend wurden mit aufgehellter und abgedunkelter Grundfarbe Highlights gesetzt und Kanten hervorgehoben. An einem so kleinen Fahrzeug in 1:35 sind die Spielräume allerdings sehr gering. So wurden Rezesse, Fugen und andere, zurücktretende Partien im wesentlichen mit dunkler Pastellkreide betont. Ein Drybrushing mit aufgehellter Grundfarbe aus Enamel wurde nur sehr behutsam durchgeführt, um das Modell so wenig aufdringlich als nur möglich erscheinen zu lassen. Anschließend konnte ein Staubschleier mit mittelbrauner Kreide über das Fahrzeug gewischt werden. Dieser fiel naturgemäß im Fahrwerksbereich üppiger aus als an den übrigen Flächen. Dort ist lediglich der von der Besatzung aufgetragene Schmutz bzw. Ablagerungen aus natürlicher Verwitterung zu berücksichtigen. Auf Rostspuren habe ich weitgehend verzichtet, auch wenn es bei der Bundeswehr das eine oder andere heruntergekommene Fahrzeug gegeben haben soll. Abgeplatzter Lack und Abrieb an den Ketten bzw. den Leit- und Treibrädern wurde mit polished steel und Graphit von einem Bleistift dargestellt. Lustige Farbpunkte ergibt roter Lack in den Naben von Laufrollen und Leiträdern, auch am Treibrad kann die Zentralschraube mit rotem Sicherungslack hervorgehoben werden. Beim Bordwerkzeug wurden die Holzstiele grau-beige eingefärbt, auf eine Maserung mit rotbrauner Ölfarbenlasur habe ich bewußt verzichtet. Die weißen Markierungen im selbstgebauten Leitkreuz wurden mit eigens zugeschnittenen, weißen Decalstreifchen dargestellt. Damit gibts dann keine Probleme mit einer fummeligen Lackierung mehr. Interessant gestaltete sich die Anbringung des eisernen Kreuzes auf der seitlichen, in Fahrtrichtung rechts liegenden Motorgräting. Fröhlich mit dem kleinen Pinselchen loslegend hab ich mich im Malen versucht. Das hat natürlich nicht geklappt, also mußte die Farbe wieder runter. Dabei ging selbstverständlich auch die darunterliegende olivgrüne Lackierung flöten, was mich schließlich nötigte, erneut die Airbrush auszupacken und mit viel Aufwand den unversauten Ausgangszustand wiederherzustellen. Zur Lösung des Problems wurde abschließend ein Balkenkreuz durchgeschnitten und leicht unter die Plane geschoben - hat ca. 10min Zeit gekostet und ist trotzdem noch ganz akzeptabel.

Fazit

Der HOTCHKISS Beobachtungspanzer kurz von PERFECT SCALE ist ein rundum gelungener Resinbausatz eines urigen Vertreters früher Bundeswehrfahrzeuge. Bezüglich Qualität und Ausführung der Details steht er - wie bei PERFECT SCALE üblich - einem detaillierten Plastikspritzgußmodell in nichts nach. Im Gegenteil: Manche Details habe ich in dieser Filigranität noch nicht einmal bei Plastikspritzgußmodellen gesehen. Die ca. 70.-¬ Anschaffungspreis sind absolut gerechtfertigt und können getrost investiert werden - man wird belohnt mit einem knuffigen, fast schon liebenswerten Modellchen, dem es an nichts fehlt, weder an Detaillierung noch an Paßgenauigkeit.

Preis / Leistung: ***** Paßgenauigkeit: *****
Detailierung: ***** Schwierigkeitsstufe: *****

Empfohlene Literatur:

Fahrzeuge der Bundeswehr seit 1955 - (Jürgen Plate) - ISBN: 3-613-02530-2Die Anfangsjahre des Heeres 1956-1966 - (Peter Blume) - Tankograd PublishingDas heer der Bundeswehr im Kalten Krieg 1967-1999 - (Peter Blume) - Tankograd Publishing

© 9/2006 Christoph Oerleke

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