Mercedes Benz L6500


 

Das Original

Der MB L6500 wurde etwa zwischen 1935 und 1942 gebaut, ab 1940 kam ein neues, abgerundetes Fahrerhaus auf das Fahrgestell. Die frühen Baulose weisen ein Fahrerhaus, welches dem späteren "Einheitsfahrerhaus" ähnelt, das "runde" Fahrerhaus ist anscheinend baugleich mit dem des MB L4500. Viele der MB L6500-Serie wurden nicht gebaut – andere Hersteller deckten diese Transportklasse ab. Die Produktion wurde etwa 1942 eingestellt.
Aufgrund der mangelhaften Situation auf dem Literaturmarkt vermag ich nur Vermutungen anzustellen, bzw. kann ich den Aufbau des Fahrzeugs nur aus dem Gefühl heraus nachvollziehen. Leider...

Die Bausätze

Das Wespe-Modell umfasst ca. 75 Teile und befindet sich in einem ausreichend dimensionierten Karton. Das Deckelbild zeigt allerdings das frühere Modell mit dem "eckigen" Fahrerhaus. Es liegt ein Stück Draht bei (etwa 3 cm!) und ein Streifen Klarsichtmaterial für die Scheiben. So ca. 1,5 x 5 cm. Damit kann man also gerade mal das Heckfenster verglasen!!!

Vorbereitung

Alle Teile sind von den Angüssen zu befreien, etwaiger Verzug bei den größeren Teilen lässt sich mit einem Fön korrigieren, auch später am zusammengebauten Modell. Draht- bzw. Plastikrundmaterial in verschiedenen Stärken sollte vorhanden sein, ebenso Klarsichtplastik für die Scheiben. Doch dazu später.

Der Bau

Fahrgestell:

Nachdem ich den Chassisrahmen von den Fischhäuten befreit, und auch sonst geschliffen hatte, habe ich ihn aufgrund seines Verzuges erst mal an die Ladefläche angepasst. Ferner habe ich alle Aufnahmen für die Anbauteile (Auspuff, Trittbretter, Werkzeugkästen, Druckluftzylinder und Kotflügel hinten) entfernt. Am Rahmen kann man diverse Verschraubungen ergänzen. Nun baute ich die Federnpakete, den vorderen Achsträger und die Räder (auf der Standfläche abgeplattet) an. An der Vorderachse fehlt der Querlenker! Nun Kann schon die verfeinerte Ladepritsche (siehe dort!) verklebt werden. Ich habe dann die ganze Angelegenheit mit einem Fön in die richtige Form gebracht, d.h., alle vier Räder sollten Bodenkontakt haben, und die Pritsche nicht zu irgendeiner Seite abkippen!
Nun folgten die weiteren Teile des Rahmens, die da wären: Druckluftbehälter und Auspuff mit Leitungen aus Draht, die Kardanwellen, Brems- und Druckluftleitungen, die aufgebohrte und mit einer Verriegelung versehene Anhängerkupplung, sowie Anschlüsse für Strom und Druckluft rechts und links davon. Weiterhin Schlepphaken hinten, Trittbleche vorn (in Verbindung mit dem Vorderwagen), das Ersatzrad mit neuer Halterung, sowie dem Träger für das Nummernschild (Ätzteil), Rücklicht und Reflektor (Zinnteile von MR-Models).

Ladepritsche

Auch hier entfernte ich alle Angüsse für die Werkzeugkästen, etc.; mit dem Fön richtete ich die Ladefläche aus, da sie etwas verzogen war. Bei Bauteilen dieser Größe ist das nicht weiter ungewöhnlich! Die abklappbaren Seitenteile sind innen nicht graviert, das holte ich mittels einer Anreißnadel nach. Ebenso vermisste ich die Vernietungen der Holzplanken innen – außen sind sie ja korrekt dargestellt. Also habe ich etwa 90 kleine Löcher gebohrt, und sie mit "Nieten" von MicroRealistixx versehen. Netten Arbeit. Sekundenkleber mit einer Nadel ins Loch und die Niete mit einem feuchten Zahnstocher aufgenommen und in das Loch applizert...
Einige Verschlüsse der Seitenwände sind neu aufgebaut, innen klebte ich ein selbstgebautes Planengestänge nebst Haltern ein. Verfeinerte Werkzeugkästen, ein gescratchter Tank mit den Circa-Maßen 3,2 x 1,1 x 1,9 cm (mangelnde Literatur!), und die hinteren Kotflügel wurden dann zusammen mit dem Chassisrahmen positioniert.

Jetzt stand schon mal das Fahrzeug mit der Ladepritsche auf eigenen Rädern, der Rest konnte nun daran ausgerichtet werden. Eine gewisse "Schieflage" der einzelnen Komponenten Chassis, Ladefläche und Vorderwagen mit Fahrerhaus zueinander ist durchaus nicht tragisch – die Lkw waren im Gelände sehr verwindungsfreudig...

Vorderwagen

Den Kühler habe ich komplett scratch gebaut, das vermittelt einen viel besseren Eindruck – die Vorlagenfotos beweisen dies! Die Seitenverkleidungen der Motorhaube mit den Maßen 4,35 x 1,4 x 0,95 x 4,45 inklusive der Luftklappen und Verschlüsse sind ebenfalls selbst gebaut. Durch die Stoßstage führt ein Loch für die Anlasserkurbel in den Kühler. Die Motortrennwand, der Kühler und die Motorhaube habe ich zueinander ausgerichtet und verklebt. Da ich beide Seitenteile der Motorhaube gebaut hatte, konnte ich den Motor selbst weglassen. Zuletzt fehlen nur noch die Scheinwerfer, ein geätztes Nummernschild, sowie Schlepphaken, eine Noteklampe und die Begrenzungsstäbe.

Fahrerhaus:

Wie schon zu Anfang erwähnt, habe ich die Version mit dem abgerundeten Fahrerhaus erwischt - d.h., die Scheiben sind gekrümmt, Material gibt Wespe Models nicht bei. Bleibt nur der Selbstbau... Die Fahrerkabine muß ordentlich versäubert und an die Bodenplatte angepasst werden. Für die Scheiben wird nun Klarsichtmaterial benötigt, das man am einfachsten in Form von Klarsichtverpackungen findet. Die gewünschte Krümmung lässt sich mit einem Fön erzielen. Ich hatte Glück, ein Freund gab mir die Frontscheibe eines 1:12er Automodells. Ich habe dann die gewünschte Größe mit der passenden Krümmung grob ausgesägt und dieses Teil dann in der Kabine von innen an den Scheibenausschnitt gehalten. Dann die Umrisse mit einem Folienschreiber angezeichnet und vorsichtig mit einer Trennscheibe das überstehende Material abgetrennt. Wichtig ist es aber hierbei, einen Rand stehen zu lassen! Die endgültigen Anpassungen nahm ich mit Schleifpapier vor. Einkleben sollte man das Glas nun aber noch nicht; erst nach der Bemalung!
Im Innenraum kann so Einiges ergänzt werden, wie z.B.: angenietete Türverleidungen mit Griffen und Fensterkurbeln, sowie Scheibenwischermotoren. Die Motortrennwand kommt an die Fahrerkabine, das Instrumentenbrett mit dem Lenkrad wird innen verklebt. Auf die Bodenplatte kommt die Sitzbank (vorher bemalen!), die Schalt- und Bremshebel und die neu aufgebaute Pedalerie.
Außen am Fahrerhaus fehlen jetzt nur noch die stark überarbeiteten Winker, selbstgebaute Scheibenwischer, ein Rückspiegel und das obligate Dreieck auf dem Dach, was anzeigt, ob ein Anhänger mitgeführt wird.
Bevor die Außenteile angeklebt werden, sollte der Innenraum bemalt sein. Ihn dann mit einem Plastikbeutel von der Gemüsetheke aus dem Supermarkt ausstopfen und die Kabine von außen lackieren. Nun können die Scheiben eingepresst, und mit z.B. "Mikro Kristal Klear" von Microscale fixiert werden. Dann das Ganze auf die Bodenplatte kleben!

Bemalung/Alterung

Ich habe das Modell zuerst mit Model Master Grundierung gebrusht, nach einem Tag Trocknungszeit mit Tamiya Farben gespritzt. Hierzu hellte ich XF-63 mit etwas Weiß auf und fügte ein wenig Blau hinzu. In diese Basisfarbe gab ich nun Schwarz und dunkelte damit Ecken und Vertiefungen nach. Eigentlich sollte dieses "Pre-Shading" vorher passieren, dazu lässt sich reines Schwarz verwenden. Flächige Bereiche hellte ich auf, indem ich meiner Farbmischung Weiß beigab – man kann die Mischung auch noch weiter variieren, indem man noch mehr Weiß und / oder Blau zugibt.
Nun folgte mit Vallejo Farben die Bemalung der Reifen, des Verdecks (verschiedene Grüntöne von Tamiya), etc., sowie der Kotflügel mit weißen Winkeln für die Nachtfahrt. Die Unterseite des L6500 habe ich dann noch leicht mit XF-57 Buff eingenebelt, um einen ersten Eindruck einer leichten Verschmutzung mit Straßenstaub zu bekommen.
Und jetzt beging ich den Fehler, das Ganze mit Klarlack fixieren zu wollen. Ich hatte noch einen Rest matten Humbrol Klarlack aus der Dose, etwa ein halbes Jahr alt. Das Ergebnis war ein mit seidenmatt bis glänzenden Sprenkeln versautes Modell, herzlichen Glückwunsch! Ich versuchte sofort, die Sprenkel mit Terpentin und breitem Pinsel zu verwaschen – Fehlanzeige! Nächster Versuch: Pastellkreiden in verschiedenen Grautönen zum Überdecken: zu starke Farbabweichungen, nach dem Abbürsten schlagen die Sprenkel wieder durch... Also habe ich die Spritzpistole klargemacht und die betroffenen Bereiche nochmals gespritzt. Warum nicht gleich so??? Hierbei konnte ich dann auch gleich die Stellen ausbessern, an denen sich bei der Behandlung mit Terpentin die Farbe vom Untergrund gelöst hatte. Das Terpentin war durch die Schichten Acryl und Grundierung gedrungen und der Pinsel tat den Rest. Es gibt einen Resin Primer von Gunze, der diesem Effekt möglicherweise entgegen wirkt, ausprobiert habe ich das aber (noch) nicht. Man kann durchaus waschen, jedoch nicht zu lange und zu intensiv auf ein- und derselben Stelle!
Nachdem nun alles wieder gut war, kam das Problem mit der Beschriftung: Lkw dieser Größe wurden von der Wehrmacht requiriert, d.h., sie wurden den privaten Unternehmen samt Fahrer entzogen und in Großraumtransportregimenter eingegliedert. Das bedeutet, daß dieser Lkw nicht mit den Abzeichen irgendwelcher Divisionen versehen werden kann, sondern eher "zivil" unterwegs sein sollte. Einige Bilder zeigen den L6500 im Dienste der Reichsbahn, unterwegs im Auftrag des OKH. Wo gibt es die passenden Decals? Nirgends! Immerhin führt Truck Line Decals Nummernschilder der DR, sie müssen nur passend zusammengeschnippelt werden, weil LKW dieser Gewichtsklasse die Nummern 60.000 bis 69.999 auf den Schildern führten. Das nächste Problem sind die charakteristischen "Deutsche Reichsbahn" – Schriftzüge auf den Seiten der Ladepritsche. Ich konnte mir bei ebay Letraset Bögen mit einigermaßen in Größe, Farbe und Aussehen passenden Schriften besorgen, das sind Anreibebuchstaben aus den `70ern, die schon längst nicht mehr produziert werden. Diese Buchstaben habe ich dann genauso wie Trockentransferdacals aufgerieben, weitere Zeichen auf den Türen, der Windschutzscheibe und den Kotflügeln aus Teilen anderer Letraset Bögen zusammengestellt.
Nun kam erst mal eine Schutzschicht aus Model Masters Mattlack und Airbrushverdünnung im Verhältnis 1:5 auf´s Modell, nach ein paar Stunden ein erstes, vorsichtiges Washing mit schwarzbrauner Ölfarbe. Wer auf Nummer Sicher gehen will, nimmt verdünnte Vallejo Farben. Und dann kommt eine mehrere Tage dauernde Trocknungsphase...
Währenddessen habe ich mich um das Ladegut gekümmert, es besteht aus vielen Benzinkanistern, Ölfässern, Kisten, einem Tiger Getriebe, Munitionskisten, usw. Sie sind sämtlich vor dem Verkleben bemalt und trockengebürstet, es ist peinlichst darauf zu achten, daß die Ladung hinterher auch auf die Ladepritsche passt! Ich habe die Teile mit Zweikomponentenkleber fixiert, dies erlaubt noch gewisse Verschiebungen auf der Ladefläche.
Das wäre im Wesentlichen auch schon alles, das Modell wird noch weiter trockengemalt, Verschmutzungen habe ich mit Pastellkreiden, bzw. Pigmenten von MIG behandelt. Ein leichter Schleier Isopropylalkohol per Airbrush aufgetragen fixiert dieses letzte Finish.

Ladegut

Ursprünglich hatte ich vor, den Benz in eine Versorgungskolonne der 502. sPz.Abt. zu stecken, musste dann aber feststelle, daß Fahrzeuge dieser Größe lediglich in den GTR zu finden waren. Daher als Ladegut diverse 7,5cm und 8,8cm Munitiondbehälter, die von Tamiya, Precision und Verlinden stammen. Das Tiger I Getriebe ist der Abguß eines Royal Model Teils, Benzinkanister, Fässer usw. stammen u.a. von Italeri und Tamiya. Alles wurde separat bemalt und gealtert, und erst zuletzt auf die Ladefläche geklebt.

Fazit

Der Preis liegt bei etwa 70,- Euro, was nicht überdurchschnittlich teuer erscheint. Die zweiseitige Bauanleitung ist recht simpel gestaltet, stellt den versierten Modellbauer aber vor keine größeren Probleme. Die Teile selbst sind von guter Qualität, einen gewissen Verzug größerer Teile ist man gewohnt, hier sprengt nichts den üblichen Rahmen. Das beiliegende Klarsichtmaterial ist allerdings eine Unverschämtheit - damit ist nichts anzufangen, was soll sowas?!
Letztendlich bekommt der Enthusiast ein außergewöhnliches Modell zu einem moderaten Preis geboten, das auch den Anfänger in Sachen Resin vor nicht allzu große Probleme stellt und sich mit ein wenig Eigeninitiative später in der Vitrine ausgesprochen gut ausmacht. Durchaus empfehlenswert!


Preis / Leistung: ***** Paßgenauigkeit: *****
Detailierung: ***** Schwierigkeitsstufe: *****

Empfohlene Literatur:

W. Oswald: Kfz der RW, WH und BW, Motorbuch Vlg.
R. Frank: Lkw der Wehrmacht, Müller Vlg.
Ryton, Militärfahrzeuge of the Wehrmacht Vol.1
Ledwoch Nr. 90, Samochody Wehrmachtu Vol.2
Waffen Arsenal S-62, Mercedes Lkw 1935 - `45
Steelmasters Nr. 13

© 05/2005 Christoph Garski

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