Merkava IV LIC

 

Das Original

Nachdem der Yom-Kippur-Krieg beendet war musste sich die IDF (Israeli Defense Force) mit dem Problem der Abhängigkeit von Waffenimporten befassen. Nachdem das Embargo vor 1973 fast die Vernichtung Israels herbeigeführt hatte und nur der Alleingang der USA Israel rettete begann man damit einen eigenen Israelischen Panzer zu entwickeln. Dieser sollte unter Ausnutzung vorhandener Technik (z.B. Teile des Centurion und T-55) in einem Militärdepot gefertigt werden und besonderen Schutz für die Besatzung gewähren (Israel hat eben nicht sehr viele Einwohner im Gegensatz zu Ägypten, Jordanien und Syrien. Der Yom-Kippur-Krieg z.B. kostete Israel etwa ein Prozent seiner Einwohner!).  Verantwortlich für das Projekt Merkava  zeichnete sich General Israel Tal, welcher auch als „Talik“ oder „Vater des Merkava“ bekannt ist und leider 2010 verstarb.

Anfang der 80er Jahre war es soweit und die Konstruktion war abgeschlossen. Der Libanonkrieg von 1982 beschleunigte die Produktion dann erheblich und es wurde in aller Eile eine Vorserie ohne große Tests gebaut, welche als Merkava 1 bekannt ist. Die eigentliche Serienproduktion begann dann 1983 mit dem Merkava 2.

Am 24. Juli 2002 war es dann soweit und der erste Merkava 4 wurde der IDF übergeben (eigentlich Blödsinn, hat die IDF ihn doch selbst in einem ihrer Depots gebaut). Diese erste Serie Merkava läßt sich sehr gut an der fehlenden Ladeschützenluke erkennen. Im zweiten Baulos wurde diese dann verbaut.

Noch ein Wort zum Thema „LIC“! LIC bedeutet „Low Intense Combat“, also Kämpfe mit irregulären Truppen, Aufständischen usw. Diese Bezeichnung wird gern für Merkava 4 mit Ladeschützenluke verwendet. Stimmt aber nicht,  wie man etwas weiter oben lesen kann. Der Rüstsatz „LIC“ besteht im Normalfall aus einer Belly-Armour (Minenschutz unter der Wanne) und Gitterabdeckungen über Beleuchtungseinrichtung und Lüfter- und Auspufföffnungen. Allerdings ist auch hier der Übergang fließend. Es sind durchaus auch „normale“ Merkava mit Belly-Armour unterwegs. Und LICs ohne. Zudem sind alle Merkava vom 2er bis zum 4er (1er nur Vorserie, wir erinnern uns) mit LIC Sätzen auszurüsten.

Als Fazit lässt sich sagen, dass es keinen Standard gibt und eigentlich jeder Panzer in der IDF anders aussieht (was auch für die Farbe gilt, aber dazu später mehr)!


Die Bausätze

So langsam wird es nun Zeit zum Modell zu kommen, bevor ich euch, liebe Leser, mit zu viel Hintergrundinfo tottexte!

Fast gleichzeitig kündigten Academy und Hobby Boss den Merkava IV ein. Allerdings war Academy deutlich schneller und hatte schon den zweiten (als LIC bezeichneten) Bausatz draußen, als Hobby Boss grad seinen ersten aufm Markt hatte. Beide haben ihre Vor- und Nachteile. Der Academy Bausatz hat die richtige Anordnung der Laufrollen, nämlich symmetrisch, während HobbyBoss dem Merkava eine Drehstabfederung verpasst hat und die Laufrollen versetzt sind. Dieser Fehler lässt sich aber schnell mit drei Schnitten an der Wanne beheben. Ansonsten sind die Details bei HobbyBoss etwas schärfer und auch die LIC-Teile wie Belly-Armour und Schutzgitter sind gleich vorhanden. Bei Academy  gibt’s die ja aber in dem LIC-Bausatz. Nimmt sich also nix. Insgesamt kann man sagen, dass beide ihre Fehler haben, aber nichts, was sich nicht beheben lässt. Bei HobbyBoss ist allerdings als echtes Plus die Ball&Chain zu nennen, die die Beste überhaupt ist. Bei Academy ist die Idee mit Ätzteilen und Halbkugeln aus Plastik zwar gut, die Umsetzung aber ein echter Griff ins Klo.

Der Bau

Ich hatte also den Academy Bausatz  des ersten Bauloses vor mir. Dazu kam dann der „LIC“-Umbausatz (der ja eigentlich ein Umbausatz für ein 2. Baulos ist) und die Staukörbe mit Abdeckungen von Legend.

Ich begann mit der Wanne. Diese wurde nach Bauplan zusammengebaut. Nachdem die Oberwanne nun auch am Platz war konnte mit dem Antirutschbelag begonnen werden. Da der Antirutschbelag der IDF eher an Rollsplitt erinnert wurde hierfür Vogelsand verwendet. Dafür wurden einzelne Abschnitte mit Klarlack bepinselt und dann der Sand aufgestreut. Eine Schicht Grundierung von Games Workshop sorgte dann für den endgültigen Halt des Sandes.

So vorbereitet konnte es nun mit der Unterwanne weitergehen. Die Belly Armour von Legend läßt sich ohne Probleme anbauen und auch die Laufrollen sind schnell montiert, wenn man mal vom beschädigen der Laufrollengummis absieht, was einiges an Zeit in Anspruch nahm, da die IDF ihre Laufrollen fährt bis sie abfallen .

Kurz darauf fiel mir dann ein Bild in die Hände auf dem ein Merkava IV sowohl Stahl- wie auch Gummilaufrollen aufgezogen hat. Also ein paar Stahllaufrollen aus Legends Set für den Merkava 3 geklaut und vier Gummilaufrollen abgerissen.
Die Stahllaufrollen wurden dann stumpf an die Schwingarme geklebt. Stahllaufrollen sind kleiner im Durchmesser, weshalb sie nicht auf die Schwingarme passen. Ich wollte nicht auch noch vier Schwingarme wieder abreißen und nen halben Millimeter tiefer wieder anbauen. Also stumpf drankleben!

Als nächstes kam der Turm an die Reihe! Die Oberseite wurde genau wie die Wanne besandet. Der neue Staukorb passte perfekt und ersparte mir den Bau des Draht-Ätzteil-Monsters. Außerdem mag ich die abgeplanten  Staukörbe, auch wenn LIC-Missionen eigentlich mit leeren Staukörben gefahren werden um das entzünden des Inhalts bei Molotow-Angriffen zu verhindern.

An dieser Stelle muss ich mal kurz auf meine Art zu bauen zu sprechen kommen. Ich suche mir kein besonderes Vorbild heraus, wenn ich ein Modell baue, sondern kombiniere Merkmale verschiedener Vorbilder, die mir gefallen, in einem Modell. Mir kommt es weniger auf die Nietenzählerei an (nicht negativ gemeint! Jedem nach seinem Geschmack!), sondern darum einen Eindruck zu vermitteln, was diese Fahrzeuge so besonders macht.  Deshalb verbindet dieses Modell auch diverse Merkmale diverser Merkava 4 miteinander.

Wir waren beim Turm: Als weitere Anbauteile folgten dann ein Galil in seiner Halterung für den Kommandanten, welches ich im Programm von Tank fand. Das Galil ist schon lange durch das M4 ersetzt worden. Aber ich fand den Gedanken lustig, dass der Kommandant als alter Hase nicht von seiner alten Waffe lassen kann.

Die Luke des Ladeschützen wurde aufgebohrt und dann durch die Legendteile dargestellt. Eigentlich ist diese nur im geschlossenen Zustand vorgesehen, aber zwei Skalpellschnitte erledigten dieses Problem schnell.

Die Warner unter den Nebelwerfern und an den Seiten hinten wurden aus der Grabbelkiste und vom inzwischen erschienenen HobbyBoss Bausatz entnommen. Dass sie sich leicht unterscheiden fällt später nicht mehr auf.

Kommen wir zum ekligen Teil! Ball & Chain! Diese Ketten mit Metallkugeln umfassen den gesamten Heckbereich des Turmes. Ich hatte drei Sets vorliegen: Academy, Hobby Boss und Legend. Mir sagten die HobbyBoss Teile am meisten zu, da sie eine einfachere Montage versprachen, da an den Kugeln aus Metall ein Stift angegossen ist. Das Ende dieses Stiftes in eine Zange geklemmt und an der Kugel um sich selbst gedreht ergibt eine schöne Spirale. Diese noch passend abgeschnitten, in die Kette gehängt und zugedrückt. Fertig! Allerdings muss man das Ganze etwa 60 mal machen. Ab dem 4 – 5 schleicht sich zum Glück eine gewisse Routine ein. Fluchen und graue Haare sind aber auch hier nicht zu umgehen. Eine schöne Ball & Chain ist nichts für Anfänger oder Leute mit schlechten Nerven.

Die den Bausätzen beiliegenden „Kennungsplatten“ für Seiten und Heck des Staukorbes wurden wegen Nichtgefallen durch Bleifolie ersetzt.

Noch schnell die Friul Kette aufgezogen, welche eine wirkliche Verbesserung gegenüber beiden Bausatzketten ist. Die Stifte, welche die Kettenglieder verbinden wurden entgegen allgemeiner Meinung nicht geklebt, sondern die Kettenglieder nach dem Verbinden etwas auseinander gezogen, wodurch sich der Stift etwas verbiegt und auch fest sitzt. Nur ohne Kleber eben!

Nach der zwischenzeitlichen  Lackierung  wurden die separat lackierten Kettenschürzen montiert und der fast fertige Panzer stand vor mir. Jetzt nur noch die paar Kleinteile ... denkste! Das MG in .50cal auf der Kanonenblende ist ein Mischmasch verschiedenster Hersteller: Halterung und Munikiste von Academy, MG aus Resin aus der Grabbelkiste, Abzugsmechanismus von HobbyBoss, Hülsenfangsack von Legend usw. Dazu das Kabel und die Reißleinen vom MG zur Besatzung aus Messing-  und Bleidraht. Das FN-MG des Kommandanten wurde aus dem HobbyBoss Bausatz entnommen und mit Munition von Dragon bestückt.

Aber jetzt fast fertig ... denkste die Zweite: Voyager brachte unverhofft das Windbreaker System als Ätzteilorgie heraus. Ich liebe diese verhinderten Star-Wars-Droiden, also musste einer her! Ich besitze kein Foto vom Bau dieses Teils und werde mich, um die Jugendfreiheit dieses Beitrags zu gewährleisten auch nicht weiter dazu äußern. Nur so viel: Die Linsen sind aus Micro Crystal Clear und nicht aus dem beiliegenden Klarplastik und wer sich nicht für einen Ätzteilprofi hält: Hände weg davon!

Steht noch eine Besatzung an. Ich wollte erst eine aus der Restekiste zusammenbauen und mit US Köpfen von Hornet versehen, weil diese Helme den neuen Panzerhelmen der IDF am Nächsten kommen. Auf dem Jubiläum des Modellbauclubs Tweenot im Panzermuseum in Overloon fand ich dann allerdings zwei Figuren von D-Toys. Diese enthalten die benötigten Helme und sind vorbildlich modelliert. Die Arme des Kommandanten sind Teile aus der Grabbelkiste, der linke des Ladeschützen selbst aus Green Stuff modelliert und der Rechte angepasst, damit er sein M4 mit Granatwerfer (geile Stan-Waffe für ne Panzerbesatzung!) halten kann.  Lackiert wurde nach Fotos mit Games Workshop Farben, welche besonders für Hautpartien genial sind. Das schwerste an den Figuren war dann das Freihandmalen der kleinen israelischen Flaggen auf den Ärmeln. Nicht schön, aber selten!

Als letzter Schritt folgte die Funkausrüstung, welche aus dem Antennesatz für Merkavas von Voyager und 0,3mm Silber-Nickel-Draht besteht und einem tragbaren Funkgerät hinter dem Ladeschützen.

Fotografiert wurde sowohl im Studio wie auch in freier Natur. Und hier tritt der gewünschte Effekt voll zu Tage! In Kunstlicht und im Schatten wirkt er sehr dunkel. In der Sonne hingegen scheint er sandfarben zu sein. Wie beim Original eben!


Bemalung/Alterung

So vorbereitet konnte es an die Lackierung gehen. Nach ewigem Studium diversester Bilder entschied ich mich für einen recht neuen und originalen, d.h. dunklen Anstrich. Lifecolor Israeli Green (UA119) wurde dann einmal ohne Rücksicht auf Verluste übers ganze Modell gespritzt. Eine weitere Aufhellung entfiel. Trockenmalen wurde aus Gewohnheit gemacht, damit er auch in sauberem Zustand auf den Fotos gut aussieht. Nötig ist es nicht. Unter der geplanten dicken Staubschicht sieht man davon eh nie wieder was.

Womit wir wieder bei einem kleinen Zwischentext wären. Thema: Israelische Tarnfarben und die Angewohnheit der Modellbauwelt es zu gut machen zu wollen.

Immer wieder sieht man Modelle, bei denen jedes Detail sorgfältigst bemalt wurde und die wunderbar gerade Markierungen aufweisen. Alles Quatsch! Militärs lackieren ihre Fahrzeuge seltenst genau! Die IDF z. B. kennt keine Farbgrenzen oder nicht zu lackierende Teile. Getreu dem Motto „ wo keine Farbe hin soll wird sie nach der ersten Fahrt durch den Negev verschwunden sein“ wird einfach Alles lackiert! Die einzigen die noch besser sind, sind die Briten. Aber das ist eine andere Geschichte! Gut sieht man das im Tankograd Buch IDF Vehicles, in dem ein frisch lackierter Nagmachon abgebildet ist. Mit Grün lackierten Gummiteilen, Ketten usw. Eben über Alles. Und gerade Linien bei Markierungen sind genauso utopisch! Lustiges Beispiel findet sich im Flugzeugbereich, wenn es um die Invasionsmarkierungen der Landung in der Normandie geht. Auf Modellen immer akkurat gerade abgeklebt, wurden bei den Originalen die Streifen ohne Plan mit dem Quast aufgepinselt! So verhält es sich z. B. auch mit den weißen Streifen auf IDF Kanonenrohren. Die sind nie gerade! Und dann darf man sich immer von angeblichen Experten (von denen man aber noch nie ein gebautes Modell gesehen hat) anhören dass das Mist ist, was man da gemacht hat, weils ja nicht exakt grade ist! Also, merken: Wer keine Ahnung hat, einfach mal ...

Zur Tarnfarbe selbst: Der erste Kommentar eines IDF Verrückten war: Das ist zu dunkel! Meine Antwort: Nö! Die Tarnfarben der IDF sind NICHT eindeutig belegbar! Der ewige Streit ist also sinnlos! Je nach Einsatzgebiet wird der recht dunklen Grundfarbe hellere Farbe beigemischt. Und das Pi-mal-Daumen. Es gibt also keine eindeutige Grundfarbe, zumal diese durch Witterungseinflüsse auch schnell "leidet"! Und das, was viele Modellbauer als beige-ähnliche Farbe ansehen ist Staub und Dreck und was dazugekippt wurde! Die Grundfarbe wird am besten von Lifecolor getroffen. Das Zeug ist so dunkel!

Weiter im Text! Der Staub: Ich nahm African Dust von AK-Interaktiv, welches in ich-weiß-nicht-wie-viel Schichten aufgetragen wurde. Mal dicker, mal dünner, mal die puren Pigmente aus dem Rillen des Flaschenhalses. Es werden aber mindestens 10-15 Schichten sein. Zwischendrin kamen noch die Decals von Academy drauf. Auch wenn sie eigentlich keinen Merkava des 2. Bauloses darstellen fand ich sie toll und sie wurden verwendet. Ich mag den Kennungen mit hebräischen Buchstaben und Zahlen.

Das war die Lackierung! Nur UA119 und African Dust von AK! Mehr nicht!

Fazit

Endlich ist er fertig! Ich weiß wirklich nicht wie lange der Bau gedauert hat. Von dem Erscheinen des Academy Merkava bis Mitte Juli 2011 als Anhaltspunkt. Auf jeden Fall lange!

Ein solches Projekt ist aus diversen Gründen (nicht nur der Geldbeutel und die Ball&Chain) nur dem Profi zu empfehlen.  Der ganze Kleinkram und das gefühlt jahrelange Staubauftragen sind nicht unbedingt die Dinge, mit denen man in unser schönes Hobby einsteigen sollte. Aber Spass hats gemacht den Streitwagen (auf hebräisch heißt Streitwagen ... na?... Genau:  Merkava) zu bauen.

Was zum Schmunzeln zum Schluß (ich hätte aber gerne geweint): Als ich die Fotos des umgebauten Ladeschützen machen wollte fiel der Karton mit dem Panzer vom Tisch! Das Ergebnis ist auf dem Foto zu besichtigen. Was hatte der da auch zu suchen, wenn ich doch nur die Figur fotografieren wollte? Ich weiß es bis heute nicht! Das lustige war, dass der Panzer völlig auseinander platzte und nur der filigrane Windbraker völlig unbeschädigt blieb. Wer genau hinsieht erkennt, dass sich die Kanone bis zum Rauchabsauger in den Turm gedrückt hat!



Verwendete Literatur:

- Merkava  - A History von Tankograd (leider nicht mehr erhältlich)
- Merkava 4 von Desert Eagle
- Merkava 3 von Desert Eagle/Legend
- Moshe Dayan – Die Geschichte meines Lebens (eins der besten Bücher die ich kenne!!! LESEN!!!!)
- Internet
- div. Fachzeitschriften

Bewertung Basisbausatz:
Preis / Leistung:
***** Paßgenauigkeit: *****
Detailierung: ***** Schwierigkeitsstufe: *****

Bewertung Umbausatz:
Preis / Leistung:
***** Paßgenauigkeit: *****
Detailierung: ***** Schwierigkeitsstufe: *****

Bewertung Crew:
Preis / Leistung:
***** Paßgenauigkeit: *****
Detailierung: ***** Schwierigkeitsstufe: *****



© 08/2010 Fabian Lünstroth

14497 Leser des Bauberichts seit dem 17.08.2011

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