Tiger I (Sd.Kfz.181) frühe Produktion
mit Inneneinrichtung
Der Bausatz

Über den Tiger als Original brauche ich hier wohl nicht viel Worte zu verlieren, kommen wir also direkt zum Modell. Die wohl häufigste Frage zu diesem Modell möchte direkt vorweg nehmen: Nein - es ist nicht das Tamiya Modell!
Der Academy Tiger mit Inneneinrichtung kommt mit nicht weniger als 15 Spritzlingen plus zwei kleinen Spritzlingen für Vinylschläuche und Polycaps. Wer jetzt mit dem Gedanken spielt sich ein seperates PE Lüftergitter zuzulegen kann sein Geld sparen - auch das liegt bei!
Die Spritzlinge teilen sich hierbei auf in 8 Rahmen für den eigentlichen frühen Tiger, 5 Rahmen für die komplette Inneneinrichtung, sowie 3 Rahmen für die vorzügliche Einzelkette. Alle Teile sind einwandfrei gegossen - Verzug oder Gussgrat sucht man vergebens. Der Preis liegt bei ca. 45 bis 50 Euro, also ungefär auf dem Niveau eines vergleichbaren Tamiya Modells ohne (!) Inneneinrichtung. Der sehr sauber und gut gedruckte Abziehbilderbogen bietet die Auswahl zwischen fünf Fahrzeugen, darunter auch der berühmte Wittmann Tiger in Wintertarn.

Der Bau

Die ersten 3 von insgesamt 28 Baustufen befassen sich mit dem Laufwerk des Tigers. Ich habe hier zunächst nur die Hebelarme angebaut, da ich die Laufrollen immer am Spritzling lackiere. Die Passung der Aufhängung ist sehr gut, alle Arme liegen ohne großartige Ausrichtung am Boden auf.

Nachdem das Heck des Fahrzeugs komplettiert wird, es stehen übrigens beide Versionen der Feiffel-Filter zur Verfügung, widmen wir uns in zunächst sechs Bauabschnitten der Inneneinrichtung der Wanne. Zuerst wird der recht gut detaillierte Motor, sowie die Olva Getriebe Einheit gebaut. Vorsicht ist beim Armaturenbrett geboten, da hier meines Wissens die Farbangaben von Academy falsch, bzw. missverständlich sind. Die Ziffernblätter waren im Original nicht Weiß mit schwarzem Aufdruck, sondern umgekehrt. Das habe ich allerdings erst gemerkt, als es schon zu spät war. Wenn wir schon bei Farbrätseln sind kommen wir direkt zur angegebenen Innenraumfarbe. Academy gibt hier eine Mischung aus 9 Teilen Weiß und einem Teil Grün an. Wahrscheinlicher erscheint mir ein heller Beigeton, wie er auch auf entsprechenden Zeichnungen und Fotos zu sehen ist. Allerdings kann ich den Grünton auch nicht widerlegen.

Nachdem die Schottwände des Motorraumes eingebaut sind, finden Batterien, Fahrer- und Funkersitz, Bedienelemente und Munitionsmagazine ihren Weg in die Wanne. Gleiches gilt für die Motor- und Getriebeeinheit, die ohne Probleme eingepasst werden kann.
Überhaupt kann man sagen, daß der gesamte Wannenbereich wunderbar passt und eine wahre Freude zu bauen ist. Aber es gibt auch kleinere Kritikpunkte. So ist z.B. bei den Munitionslagern in der Wannenseite nur die oberste Lage Geschosse dargestellt, hier wären alle Lagen wünschenswert gewesen. Academy scheint die Kritik zu kennen und auch erhört zu haben, schließlich wurde dieses Manko bei den neuen Modellen des Achilles und M-10 behoben. Wirkliche Probleme hatte ich allerdings mit den Tank-Kühler Einheiten und der Platzierung des Getriebes im Wannenbug. Die Position der Tanks und Lüfter ist leider nicht exakt vorgegeben, so daß ich sie nach Augenmaß ausgerichtet habe. Alles stand schön senkrecht und sah toll aus... nur der Deckel passt jetzt nicht mehr auf die Wanne... Hier wären deutlichere Angaben in der Bauanleitung hilfreich gewesen. Ähnlich erging es mir mit dem Lenkgetriebe. Auch wieder schön eingepasst und ausgerichtet. Hier passte dann die Glacisplatte nicht mehr bündig. Da das Getriebe aber schon verklebt war, musste ich halt ein paar Schraubenköpfe abschleifen. Tja - rechtzeitiges Trockenpassen hätte hier geholfen. Academy kann man also nicht mal einen Vorwurf machen.
Aber weiter mit den Kritikpunkten. Da gibt es eigentlich nur ein Teil, daß mir großartig ins Auge fällt - der Munitionskasten neben dem Fahrer. Wie hierin Granaten gelagert sein sollen ist mir ein Rätsel, denn ist maßstäblich schlicht zu kurz.

Nachdem die Wanne nun fertig ist, wenden wir uns dem "Deckel" der Wanne zu. Hier bietet Academy mehrere Variationsmöglichkeiten, so kann man z.B. die Motorabdeckung und/oder die Abdeckungen der Lüfter separat geöffnet darstellen - für Dioramenbauer sicherlich reizvoll. Generell gibt es über diesen Baubereich nicht viel zu sagen, außer: "Passt".

In Baustufe 19 beginnen wir nun mit dem Turm, genauer gesagt seinen Innereien. Ein Blick auf Originalzeichnungen zeigt, daß der Innenraum wirklich komplett dargestellt wird. Ganz ohne Probleme geht es leider nicht ab. Bei den Teilen F10, F11 und F13 ging Academy wohl der Platz aus. Die Übersichtszeichnung in der Anleitungsmitte zeigt noch die korrekte versetzte Anordnung, in Baustufe 20 und 21 sollen wir sie auf einmal als Linie untereinander setzen. Entscheidet man sich für die korrekte Anordnung, so geht einem leider in Richtung Ausstiegsluke der Platz für den Stromverteiler aus.
Ansonsten gilt für Detaillierung und Passgenauigkeit das bereits gesagte. Waffenanlage und sonstige Komponenten sind sehr gut nachempfunden. Ein größeres Problem hatte ich damit, das Turmdach einzupassen. Hier musste doch deutlich mit Schleifpapier nachgeholfen werden.

Das Dach ist leider nicht das Einzige was bei meinem Turm nicht passte. Der Turm wollte sich partout nicht in 12 oder 6 Uhr Position drehen lassen. Grund ? Die Führungsnasen des Turmringes stoßen gegen die seitlichen Munitionslager. Aber auch hier kann mit einem kleinen Messerschnitt schnell Abhilfe geschaffen werden.

Eines möchte ich nochmal deutlich hervorheben - die hier aufgeführten Kritikpunkte tun der Gesamtqualität des Modells keinen Abbruch! Alle Probleme lassen sich relativ leicht beheben (Turmdach, Turmring) oder können durch vorheriges Trockenpassen (Lüfter, Getriebe) leicht vermieden werden.

Bemalung

Academy bietet wie eingangs erwähnt die Wahl zwischen 5 Fahrzeugen in vier Bemalungen. Zwei Fahrzeuge der 2. SS Panzer Division "Das Reich" aus der Schlacht um Kursk in Dreifarbtarnung, einen grauen "Leningradtiger" der schweren Panzer Abteilung 502, einen Tiger der 504. beim Afrika Korps, sowie den wohl berühmtesten frühen Tiger, nämlich den von Michael Wittmann anlässlich seiner Ritterkreuzverleihung, also in Wintertarn. Zumindest letzterer stösst mir etwas bitter auf, da hier die Markierungen und Malanweisungen anzuzweifeln sind. Das Fahrzeug wird als "S03" ausgewiesen, in Realität war es aber der "S04", da spielt es auch keine Rolle, daß die Originalturmnummer nicht rot war. Ferner sind bei den Abschussmarkierungen am Rohr die Farben Schwarz und Weiß vertauscht. Der Decalbogen von Tamiya scheint hier doch realer zu sein. Wer spitzfindig sein will, kann jetzt auch noch anmeckern, daß Academy als Bemalung Weiß auf Dunkelgelb angibt, obwohl das Vorbild unter dem Wintertarn einen recht groben Dreifarbanstrich trug - dieser Fehler findet sich aber auch bei Tamiya wieder.
Wichtiger als diese Spitzfindigkeiten sollte aber sein, daß die Qualität der Abziehbilder sehr gut ist und das wir ferner überhaupt diese reichhaltige Auswahl haben! Leider heutzutage wo viele Hersteler sich auf simple Balkenkreuze beschränken nicht mehr immer selbstverständlich.

Bei meinem Tiger habe ich mich für einen relativ schlichten Anstrich entschieden, den ich im Ledwoch Tiger Heft gesehen habe - dünne grüne Tarnstreifen auf dunkelgelbem Grund. Das Fahrzeug wird ausgewiesen als Tiger der 3. SS. Panzerdivision "Totenkopf" und trägt keine weiteren Markierungen. Da mir dieses doch etwas arg simpel erschien, habe ich Balkenkreuze und Turmnummern ergänzt.
Bevor es an die Lackierung geht, sollte man den Wannendeckel gut von innen abkleben. Alle Werkzeughalterungen und vor allem die Lüftergitter am Heck, da man sonst später schöne Tarnmuster an Stellen findet, wo sie nicht hingehören.
Das Modell wurde grundiert mit schwarzer Airbrushfarbe von Revell, die anschließend gut durchtrocknen sollte. Nun folgte die Grundfarbe aus Tamyia XF-60 Dunkelgelb, welches ca. 1:1 verdünnt aufgespritzt wurde. Die Kanten sollten hierbei noch etwas dunkel durchschimmern. Nun kam ein eine etwas längere Sitzung, nämlich das Tarnmuster. Was waren die Zeiten schön, als ich noch Streifen mit dem Pinsel gemalt habe. Jetzt saß ich zwei adrenalinerfüllte Stunden und habe mit meiner Aztek versucht das Muster von meiner Vorbildzeichnung zu kopieren. Das Grün besteht übrigens aus Tamiyas Japanese Army Green und Deep Green, ungefähr im Verhältnis 7:3.
Bevor es nun an die Alterung des Modells geht, stehen die Markierungen auf dem Programm. Die Balkenkreuze sind Trockenreibebilder von Archer Dry Transfers (zu beziehen bei Reinhard Möller/Recklinghausen), die Turmnummern wurden mit Schablonen von Real aufgespritzt. 900er Turmnummern sind bei der 3. SS. Pz.Div. übrigens wirklich vorhanden gewesen. Abschließend wurde das Divisionsabzeichen, der Totenkopf an Front und Heck aufgespritzt, ebenfalls mit einer Schablone von Real.

Mein Tiger sollte diesmal nicht durch die Bemalung oder Alterung glänzen, sondern durch die Inneneinrichtung. Also habe ich nur ein leichtes Washing mit einer Mischung aus Elfenbeinschwarz, gebr. Umbrau und gebr. Sienna flächendeckend aufgetragen. Anschließend wurden die Details, Fugen, Nieten, usw. nochmals mit einem weniger verdünnten Washing derselben Farbe hervorgehoben.
Nachdem das Modell gut durchgetrocknet war, folgte ein dezentes Trockenmalen mit einem recht hellen Grünton, ebenfalls gemischt aus Künstlerölfarben.
Nachdem die eigentliche Alterung vollzogen war, zog ich die Kette auf. Ich muss gestehen, daß ich aus Gründen der Bequemlichkeit nicht die sehr gute Einzelkette, sondern eine überschüssige Vinylkette aufgezogen habe (wird aber beizeiten noch geändert!). Die Kette wurde grundiert mit einer Mischung aus je zwei Humbrol Rost und Stahlfarbtönen und anschließend mit Modelmaster's "Brüniertem Metall" nicht deckend übergespritzt.
Nachdem die Kette aufgezogen war, habe ich eine Staubschicht aus Tamiya Buff und Flat Earth (50:50) über den Laufwerksbereich gelegt und die Zähne des Treibrades mit Wischsilber von Lukas behandelt. Fertig!

Fazit

Das Modell überzeugt durch und durch. Der Preis ist verglichen mit Tamiya Tigern günstig, die Qualität durchweg überdurchschnittlich (in meinen Augen deutlich besser als bei Dragon!), Detaillierung und Passgenauigkeit lassen so gut wie keine Wünsche übrig.
Sicher gibt es hier und da kleinere Schwachstellen, aber seien wir ehrlich - bei einem Italeri, Dragon oder gar Revell Modell hätte ich sie nicht einmal erwähnt, weil es bei denen aufgrund des geringeren Niveaus gar nicht mehr auffällt. Dieser Tiger hat schlichtweg Spaß gemacht. Ich habe ihn aufgrund der Fülle von Teilen lange vor mir hergeschoben, aber grade der Bau der Wanne bereitet schon fast Glücksgefühle...
Die sehr gute Bauanleitung mit ihren großen Übersichtszeichnungen in der Heftmitte (ja, 20 Seiten nenne ich schon Heft) läßt keine Frage offen (naja, bis auf meine Freunde die Lüfter...). Somit dürfte der Tiger trotz des Bauumfanges auch für Anfänger problemlos geeignet sein.

Alles in allem erhält der Academy Tiger unseren Gold-Award. Eigentlich muss man fast sagen "nur", denn ohne die kleinen Probleme die ich im Bereich des Turmes hatte, wäre es wohl unser erster Platin Award geworden! Aber vielleicht holt Academy den ja mit einem der nochmals in Bezug auf Qualität gesteigerten neuen Modelle...

Fassen wir das Fazit zu einem Satz zusammen: wer dieses Modell nicht kauft, ist selber schuld!

Preis / Leistung: ***** Paßgenauigkeit: *****
Detaillierung: ***** Schwierigkeitsstufe: *****

Empfohlene Literatur: (für nähere Infos zum Buch, geht zu unserer Bücherliste)

© 2/2002 Carsten Gurk

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