LKW 1,5t Unimog S404

 

Das Original

Die Firma BOEHRINGER entwickelte und baute nach dem Zweiten Weltkrieg eine viel-seitig einsetzbare Zugmaschine für landwirtschaftliche Anwendungen. Sie wurde als „Universal Motor Gerät“ -kurz UniMoG - bezeichnet. DAIMLER-BENZ erkannte frühzeitig das Potential dieser Konstruktion und übernahm die Fertigung 1950 für ihr Gaggenauer Werk. Bis 1954 wurde das Fahrzeug zu einem geländegängigen Lastwagen mit 1,5 t Nutzlast weiterentwickelt. Nach ersten Lieferungen des neuen UNIMOG S („S“ für Sonderfahrzeug) an die französische Armee wurde Interesse auch bei der neugegründeten Deutschen Bundeswehr geweckt. Überwiegend postive Erfahrungen im Rahmen von Vergleichserprobungen führten dann schließlich zur Beschaffung von ca. 34000 Fahrzeugen für den Einsatz als taktische Lastkraftwagen in allen drei Teilstreitkräften. Insgesamt wurden bis 1977 etwa 50300 UNIMOGs der Baureihe 404.1 Typ U 82 gebaut. Beim Antrieb entschied man sich u. a. aus Rücksicht auf die Bündnispartner für einen Ottomotor. Es kamen Sechzylinder-Vergasermotoren mit 60 kW (82 PS) Leistung aus 2195 ccm Hubraum (M180/II-U) zum Einsatz. Der UNIMOG überzeugte insbesondere im Gelände und konnte mühelos Steigungen von 100% meistern. Basis dieser Erfolge war ein einfaches, aber effektives Antriebs- und Fahrwerkskonzept. Die maximale Wattiefe lag bei 800 mm. In der Grundausführung mit einer Lastpritsche von 3000 x 2000 mm hatten die Fahrzeuge i. d. R. einen Radstand von 2900 mm und eine Gesamtlänge von 4925 mm. Auf der Pritsche liessen sich Ausrüstung und Material sowie acht auf einer Mittelsitzbank sitzende Soldaten transportieren. Neben der Basisvariante mit einfacher

Pritsche für verschiedenste Einsatzzwecke kam eine Vielzahl weiterer Aufbauten zum Einsatz, u. a. wurden in grosser Stückzahl Kofferaufbauten beschafft (KrKw, Funk-Koffer, etc.). Das offene Fahrerhaus wurde in den meisten Fällen durch ein Allwetter-Faltverdeck geschützt. Eine Bewaffnung zur Selbstverteidigung wie bei den taktischen LKWs der Folgegeneration war bei den UNIMOGs nicht vorgesehen. Allerdings konnten mit einer Zusatzausstattung Fliegerabwehr-MGs auf einem Stahlrohrgestell mit Drehringlafette über dem Fahrerhaus montiert werden. Zur Bedienung musste das Faltverdeck zurückgeklappt werden. Sämtliche Fahrzeuge wurden im Farbton RAL 6014 gelboliv ausgelie-fert, die Umlackierung einzelner Fahrzeuge ins Flecktarnmuster erfolgte erst relativ spät gegen Ende ihrer Einsatzzeit.


Der Bausatz

Bei dem hier vorliegenden Baubericht handelt es sich um ein Modell im Masstab 1:35 der Firma PERFECT SCALE MODELLBAU des 1.5-Tonners der Bundeswehr mit Faltverdeck und Pritsche mit (früher) Stoffplane. Die Einzelteile (113 Resinteile, 1 kleiner Ätzteilbogen, 1 Spritzling Klarsichtplastik, 1 Decal-Bogen) werden wie üblich sauber in Plastiktüten verpackt in einem stabilen Karton geliefert. Die Bauanleitung ist übersichtlich gestaltet und lässt bezüglich Positionierung der Teile kaum Fragen offen. Damit ist der Bausatz auch gut von Resin-Anfängern zu bewältigen.



Der Bau

Im nachfolgenden Bericht will ich nicht auf das Zusammensetzen der verschiedenen Teile eingehen. Das wurde schon oft genug beschrieben, es stünden also nur Wiederholungen an. Der Schwerpunkt soll hier auf einer Diskussion liegen, was aus diesem an sich schon hervorragenden Bausatz noch mehr herausgeholt werden kann.

Begonnen wird - wie bei Nutzfahrzeugen üblich - mit dem Leiterrahmen. Dort ist im wesentlichen nur darauf zu achten, sauber und genau zu arbeiten sowie bei der Positionierung der beiden hinteren, zylindrischen Querträger im Längsträger mit einem Stirnfräser nachzuarbeiten (kann lt. PERFECT SCALE MODELLBAU bei Modellen jüngeren Datums entfallen, da korrigiert). Ein weiteres Highlight ist die vorbildgerechte, komplett aussermittige Positionierung des Lastschaltgetriebes, für mich auf jeden Fall ein kleines „Aha“-Erlebnis. Dann die erste Herausforderung: will ich es bei der im Bausatz gelieferten Stosstange mit ihrer fertigungstechnisch bedingten Dicke belassen oder will ich die Stosstange komplett neu in Plastic Sheet aufbauen? Letzteres fällt zwar nur bei genauer Betrachtung in zwei bis drei Blickwinkeln auf, tut mir aber unendlich gut! Also habe ich es umgesetzt. Dabei ist jedoch zu beachten: man muss schon verdammt genau arbeiten, um einerseits die Proportionen richtig zu erwischen und gleichzeitig auch noch so genau sein, dass in Folge Anbauteile korrekt anschliessbar sind. Geht das in die Hose, macht sich sehr viel Frust ob der vertanen Zeit breit. Genauso ist zu überlegen, ob der Betrachter später diese Modifikation so gut erkennen kann, dass sich der ganze Aufwand auch wirklich gelohnt hat. Letzteres Argument zählt allerdings nur, wenn man „für andere“ und nicht „für sich selbst“ baut…

Diese Abwägung ist im weiteren Verlauf des Baus immer wieder erforderlich. So wurden u. a. Antriebsrohre aus Messingrohr verbaut, Staukisten in Messingbänder gehängt, Verstärkungsbleche neu gefalzt, ein paar Hydraulik-/Pneumatik-/Tank-/Elektro- und Seilzugleitungen ergänzt, etc. Nachfolgend eine Auswahl von Bauteilen, die noch hinzugefügt bzw. ersetzt wurden:
1. Stosstange aus passend zurechtgeschnittenen EVERGREEN-Streifen: Die Rundungen der Stosstange wurden nicht gebogen sondern durch die Form der horizontal liegenden Streifen (oben und unten) vorgegeben! Vorlage war das Originalteil aus dem Bausatz.
2. Fahrwerksfedern durch echte - hinten doppelte - Drahtwicklungen ersetzt: Die Federn entstanden aus Blumen- bzw. Messingdraht, der auf ein Rohr gewickelt wurde, dessen Aussendurchmesser dem gesuchten Innendurchmesser der Federn entsprach (auf den Spass beim Ausrichten des Fahrwerks mit montierten Rädern will ich jetzt lieber nicht eingehen…).
3. Stossdämpfer neu aufgebaut: Ursprünglich geplant als zwei Messingrohre unterschiedlichen Durchmessers, von denen das eine in das andere tauchen kann; wurde wieder verworfen, da keine masstäblich korrekte Stufung der Durchmesser verfügbar wäre. Stattdessen entstand ein „Hybriddämpfer“: Das obere Rohr besteht aus Messing, seine untere Öffnung wurde innen konisch angedreht, anschliessend wurde ein geringfügig dünnerer EVERGREEN-Rundstab eingeklebt.
4. Eine Frostschutzpumpe entstand aus einem Rundprofil eines alten Spritzlings, das über ein EVERGREEN-Rechteckchen an ein Stück zurechtgebogenen Blumendrahts angeschlossen wurde.
5. Das Anhängerabsperrventill ergab sich ebenfalls aus Plastikresten, die entsprechend zurechtgeschnitten wurden. Anschließend wurde es auf ein Stück Druckluftleitung aus Stahldraht aufgeschoben.
6. Die Gummimanschetten an den Ausgangswellen des Verteilergetriebes wurden aus kurzen, zylindrischen Plastik-Vollprofilen gedreht. Dazu wurde das Material in eine Minibohrmaschine gespannt und mit einem Skalpell als Drehmeissel solange bearbeitet, bis sowohl die Rippen als auch ein insgesamt konischer Zulauf vorlagen.
7. Da mir zum Zeitpunkt des Baus nur Fotos vorlagen, die ovale Abgasschalldämpfer zeigten, ersetzte ich den im Bausatz gelieferten kreisrunden Schalldämpfer. Aus einem Stück Resin wurde solange gefeilt, bis der Istzustand dem Sollzustand entsprach (sorry, ich kann’s nicht genauer beschreiben, bei uns würde man wohl sagen: „ …s’isch halt so naworre…“). Erst viel später bekam ich Unterlagen, aus denen hervorging, dass natürlich auch der kreisrunden Dämpfer hätte verbaut werden können.
8. Ein Lenkungsdämpfer zur Stabilisierung des Lenksystems wurde segmentweise mit EVERGREEN-Rundprofilen aufgebaut. Wichtig dabei ist, die einzelnen „Scheibchen“ zentrisch zueinander auszurichten.
9. Da es bereits bei meinem HOTCHKISS-Beobachtungspanzer ganz gut geklappt hat, wollte ich auch dieses Mal ein Leitkreuz im Eigenbau erstellen. Dazu wurde aus Messingblech die Grundfläche passend ausgeschnitten. Anschliessend wurde sie mit einem kleinen EVERGREEN-Streifchen senkrecht dazu am Rand abgeschlossen. Die Leuchte wurde mit einem kurzen Plastikstummel angedeutet, über den zwei Alustreifen im Kreuz gelegt wurden.

Einige Teile wurden (bis zur Bruchgrenze) flachgeschliffen bzw. nach erfolgtem Bruch aus dünnerem Material neu aufgebaut. Leider sieht man das meiste davon hinterher nicht mehr, schade. Das Anbringen von Nieten und Schrauben am Rahmen kann mittlerweile auch entfallen - PERFECT SCALE MODELLBAU hat dies neuerdings bereits berücksichtigt. Damit stand das Fahrwerk, dessen Bau mich gut 1/3 der gesamten Bauzeit kostete.

Als nächstes stand der Bau des Fahrerhauses an. Beim Vorbereiten der Teile unterlief mir leider ein kleines Missgeschick: Ätz- und Klarsichtteile landeten unbemerkterweise auf dem Boden und wurden erst wieder entdeckt, als es hässlich knackte beim Überfahren mit den Rollen meines Drehstuhls. Es wäre sicher ein Einfaches gewesen, PERFECT SCALE MODELLBAU um Ersatz zu bitten. Aber ich wollte nicht warten und unmittelbar weitermachen. Also wurde der Kühlergrill durch ein Ätzteil von ABER und der MERCEDES-Stern durch den eines 1:18er DTM-Renners ersetzt. Die beiden Zierleisten entstanden aus Plastic Sheet. Für die Scheinwerfer verwendete ich den Reflektor sowie die Streugläser eines 1:24er- MINI COOPERS. Die beiden Blinker wurden abgeschliffen und an ihrer Stelle zwei Klarsichtreste eingesenkt. Das MLC-Schild wurde spasseshalber neu erstellt, ähnliches gilt auch für die beiden Aussenspiegelgestelle, die aus Messingdraht und Plastic Sheet entstanden. Die Scheibenwischer konnten noch gerettet und mit etwas Aufdickungen montiert werden. Zuletzt wurden an der Stosstange noch Peilstangen aus Draht und Tintenpatronenkügelchen mit selbstgedrehter Halterung ergänzt sowie ein Abschleppbolzen mit Messingkettchen eingesetzt.

Beim Bau der Inneneinrichtung wurden die Sitze in Lehne und Sitzfläche geteilt und mit einem entsprechenden Gestell versehen, das auf Doppel-T-Profilen mit dem Kabinenboden verbunden wird. Die Nähte entstanden übrigens aus hauchdünnem Draht, mit „viel Liebe“ verklebt. Schalthebel, Lenkrad mit Lenkstange und seitliche Staufächer gab es bereits, sie wurden im Detaillierungswahn trotzdem neu aufgebaut. Neu hinzugefügt wurden Haltegriffe, elektrische Leitungen, einige Beschläge am Kühlwasserausgleichsbehälter sowie ein paar kleinere Schalter und Hebelchen (inkl. „Knochen“…). Am Armaturenbrett wurden die kreisrunden Aussparungen für die vier Rundinstrumente vollends durchbohrt, um dann anschliessend mit einem Stück Plastic Sheet hinterfüttert zu werden. Als Einleger wurden runde Plättchen entsprechenden Durchmessers verwendet, auf die dann Decals von schwarzen Rundinstrumenten eines Golf GTi in 1:24 gelegt wurden. Die hellen Decals aus dem Bausatz habe ich nicht verwendet. Den Abschluss nach oben bilden hauchdünne, transparente Scheibchen aus Plastikfolie.

Im nächsten Schritt wurde das Faltverdeck innen mit einem Spriegel und den zugehörigen Laschen versehen. Die Stangen entstanden aus geduldigem Blumendraht, der eigentliche Klappmechanismus aus zurechtgeschnittenem Plastic Sheet. Das rückwärtige Fenster erhielt eine Klarsichtfolie und wurde so abgeklebt, dass beim Lackieren eine vorbildgerechte Teilung entstand. Auch an die kleinen Ösen zum Einfädeln der Laschen wurde sowohl innen als auch aussen gedacht. Noch ein Wort zur Oberflächentextur von Verdeck und Plane: die hier nachgeahmte Stoffstruktur wird selten von einem Hersteller so perfekt umgesetzt wie im vorliegenden Fall. Bei geschickter Farbgebung lässt sich mit minimalem Aufwand ein unglaublich realistisches Ergebnis erzielen! Mit Fertigstellung des Kabinenrohbaus waren nun ca. 2/3 der gesamten Bauzeit verstrichen.

Den Rest der Bauzeit verbrachte ich mit der Montage von Pritsche, Bordwänden, Plane und Inneneinrichtung. Die kleine Sitzbank wurde mit Schrauben, Spannketten und Gurten mit Schlössern detailliert. Die Rükkenlehnen wurden ersetzt und neu positioniert. Der Pritschenboden wurde belassen. Diesen neu aus Holz aufzubauen finde ich unnötig; die vorliegende Maserung kann mit ein wenig Geschick und Farbe später absolut realistisch wiedergegeben werden. An den Bordwänden wurden Zurrösen aus Draht montiert, um später die Plane (Ringösen wurden mit kleinem Bohrer geöffnet) ordentlich abspannen zu können. Bei der rückwärtigen Bordwand wurden die Tritthilfen durch selbstgebogene aus Draht ersetzt. Am Pritschenboden fanden weitere Staukisten ihren Platz, z. T. wurden sie in eigens zugeschnittene Messingstreifchen eingehängt. Die Unterlegkeile wurden überarbeitet und mit entsprechenden Halterungen am Pritschenboden montiert. Gegen Herausfallen wurden sie mit Zugfedern „gesichert“. Zur Aufnahme der Spriegelgestelle bei abgeplanter Pritsche wurden die erforderlichen Haltegestelle an der stirnseitigen Bordwand ergänzt. An der Plane wurden die Ringösen aufgebohrt (s. o.) und die inneren, unteren Ränder dünner geschliffen. Nach Bestückung der Ladefläche mit dem obligatorischen Krimskrams/Gerödel militärischer Transportfahrzeuge war der Rohbau praktisch abgeschlossen.

Bemalung/Alterung

Die Lackierung erfolgte mit gelb-oliv von VALLEJO, das teilweise abgedunkelt bzw. aufgehellt gesprüht wurde. Ein leichter Oil Wash sowie dezentes Dry Brushing folgten unmittelbar. Faltverdeck und Plane wurden wolkig mit TAMIYA-Farben lackiert, nicht mehr.

Abschliessend wurde mit Pigmenten eine mehr oder weniger zusammenhängende Staubschicht aufgetragen. Tendenziell wurde von oben nach unten zunehmend verstaubt, der auch beim Original nur schwer zugängliche Fahrwerksbereich bekam demzufolge den meisten „Dreck“ ab…
Das Finish wurde so abgestimmt, dass es ein Fahrzeug beschreibt, das im Manöver noch nicht allzusehr beansprucht wurde (1. Kompanie, hahaha…). Spuren heftigen Geländebetriebs habe ich meinem Mog bewusst erspart, da die vielen feinen Strukturen sich in einer denkwürdigen Anhäufung vom Matsch und Schlamm hätten verabschieden müssen, i .e. man hätte viele Details nicht mehr erkennen können. Die Beschriftung wurde zusammengewürfelt aus Teilen von TRUCK-LINE (takt. Zeichen), TAMIYA (Y-Kennzeichen) und PERFECT SCALE MODELLBAU (MLC-Schilder). Zur Anbringung des rückwärtigen taktischen Zeichens wurde ein kleine Messingplatte angefertigt, auf der das Zeichen angebracht werden konnte. Damit erspart man sich das Auf und Ab der Decals über die hinteren Bordwandversteifungen.



Fazit

Auch mit dem hier beschriebenen Unimog S404 in Pritschenausführung ist PERFECT-SCALE wieder ein wunderschönes Modell gelungen. Bereits OOTB gebaut erhält man ein stimmiges Abbild dieses einst unverzichtbaren Lastenesels der Bundeswehr. Die Basis ist komplett und bietet eine hervorragende Grundlage für diverse Verfeinerungsspielchen. Dabei liegt es am Erbauer selbst, wie weit er gehen will. Mich persönlich hat überrascht, wie aufwendig das Tuning selbst so kleiner Radfahrzeuge gegenüber dem von Kettenfahrzeugen ist. Der Preis von 98,-€ ist gemessen an der Qualität und der Originalität des Bausatzes durchaus angemessen.

Preis / Leistung: ***** Paßgenauigkeit: *****
Detailierung: ***** Schwierigkeitsstufe: *****

Empfohlene Literatur:

Fahrzeuge der Bundeswehr seit 1955 - Jügern Plate - Motorbuch Verlag -  ISBN 978-3-613-02530-1Das Heer der Bundeswehr im kalten Krieg 1967-1990  - (Peter Blume) - Tankograd PublishingDie Anfangsjahre des Heers 1956 - 1966 - (Peter Blume) - Tankograd Publishing

© 1/2008 Christoph Oerleke

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