Die 88mm FlaK

Die 8,8-cm Flugabwehrkanone, im Landserjargon "Acht-Acht" genannt, war eine Waffe die sich für viele Zwecke einsetzen ließ. Sie bewährte sich auch in den ungewöhnlichsten Einsätzen und an allen Fronten des 2. Weltkrieges.
Hier eine Zusammenfassung dieses Geschützes, dessen Entwicklung und Geschichte bis zum Krieg von 1870/71 zurückgeht bzw. -reicht.
Über den Einschließungsring des belagerten Paris hinweg, schwebten lautlos während des deutsch-französischen Krieges von 1870/71 immer wieder Freiballons aus der belagerten Stadt hoch und über die deutschen Truppen hinweg. Sie ermöglichten den Französischen Truppen eine Beobachtung des Gegners. Auf Grund dieser Tatsache und der nicht vorhandenen Möglichkeit der deutschen Truppen entsprechend auf diese Bedrohung zu reagieren, versahen die Krupp-Werke die soeben fertig entwickelte 3,7 cm Kanone mit einer Säulenlafette. Diese wiederum befand sich auf einer mit Pferde bespannter Wagenplattform auf welchem die Säulenlafette montiert war . Am 12.Nov.1870 wurde mit einer von zwei eingesetzten "BAK" (Ballon-Abwehr-Kanone) der erste Abschuss erzielt. Durch den Gegner wurden insgesamt 66 Ballonstarts durchgeführt. Damit wurde die "BAK" von 1870 der Vorgänger oder Urvater der im Zweiten Weltkrieg so berühmt gewordenen legendären vom Feind gefürchteten und Freund geliebten 8,8 cm Flak (Flak = Flugabwehrkanone) Ab dem Jahr 1916 wurde von Krupp, einer der bereutesten deutschen Waffenschmieden, dann die erste 8,8 cm Kraftwagen-BAK ausgeliefert. Diese Kanone sollte zur Basis für die Acht-Acht, der Wunderwaffe des Zweiten Weltkriegs werden. Über die BAK führte der Weg der Weiterentwicklung zur ersten FLAK. Im Spanienfeldzug bewährte sich die 8,8 cm Flak 18 auf Kreuzlafette sehr erfolgreich bei ihrem Einsatz. Dementsprechend effektiv wurde sie auch im Zweiten Weltkrieg gegen Flugziele und in einem noch erheblicheren Maße gegen Panzer und andere Bodenziele erfolgreich eingesetzt. Deutlich verbessert und solide durchkonstruiert entstand aus dem Modell 18 dann die 8,8 cm Kanonen der Modellreihe 36 und 37, sowie die Flak 41 und 43, die leistungsmäßig ihre Vorgänger weit übertrafen. Die Reichweite der Flak 37 lag in der Höhe bei 9750 m und auf eine Weite (Entfernung) bei 14800 m. Bei der Leistungsgesteigerten Flak 41 betrug die Höhe 14930 m und ihr Reichweite lag bei 19700 m. Diese Daten beziehen sich jedoch nicht die max. Kampfentfernung der Waffen, sondern zeigen nur die Leistungsfähigkeit der Kanonen auf.
Eine verhängnisvolle und falsche Entscheidung hielt für einen längeren Zeitraum jedoch die Produktion des Typs 41 auf. Da aus Fertigungstechnischen Gründen für die Produktion des Typs 41 mehr Arbeitsstunden und Material benötigt wurde als bei den Vorgängermodellen wurde durch einen direkten Befehl Hitlers die Fertigung des Modells 41 bis ins Jahr 1943 gestoppt. Eine Anordnung des Rüstungsministeriums aus dem Jahr 1943 sah vor, dass 75 % der 8,8 cm Flak ortsfest in Kampfständen oder Flaktürmen eingebaut werden sollten, um Rohstoffe und Material für die Kreuzlafetten und Fahrgestelle einzusparen. Im nachhinein stellte sich jedoch heraus, dass die eingesetzte Menge an Eisen und Beton für die Sockel um ein vielfaches höher lag als die benötigte Menge für Lafetten und Fahrgestelle. Durch diese Entscheidung wurde große Teile der Flakverbände, im wahrsten Sinne des Wortes, "einbetoniert" und somit unbeweglich. Die angreifenden Feindbomber passten ihre Anflugsrouten der Bedrohung an und umflogen diese Flak-Konzentrationen um ihre Ziele mit Bomben zu belegen. Trotz allem war die 8,8 cm Flak das wohl vielseitigste "Arbeitstier" an allen Fronten und vom Gegner meist gefürchtete Geschütz des Zweiten Weltkriegs. Zu Kriegsbeginn und auch davor zeichnete sich bereits ab, dass sich die Verwendungsmöglichkeiten dieses Geschützen nicht nur in der Flugabwehr erschöpfte. Dies belegt auch die Vernichtung alliierten Kriegsmaterials durch das 1. Flakkorps der Luftwaffe im Frankreichfeldzug. So wurde vernichtet oder außer Gefecht gesetzt:
- 372 Flugzeuge in der Luft
- 252 Flugzeuge am Boden
- 40 Panzer
- 30 Bunker und
1 Kriegsschiff

Ebenso wurden zahlreiche Feldstellungen, Beobachtungsstände, Kampfstände für MG´s, Artillerie- und Flakstellungen sowie Kolonnen auf dem Marsch bekämpft, niedergehalten oder ausgeschaltet. Dressweiteren konnte konnten zahlreiche Treffe auf 12 Kriegsschiffen, 8 Transportschiffen und einem Frachter erzielt werden. Diese Zahlen sind jedoch nicht nur der Erfolg der 8,8 cm Flak, im Sprachgebrauch der Landser auch Achtacht genannt, sondern sie beinhalten auch die "Leistung" der 2 cm und 3,7 cm Flak. Im Jahre 1943 vermeldete das Oberkommando der Luftwaffe, der die Verbände der Luftwaffen-Flak unterstanden, seit Kriegsbeginn als vernichtet:
- 6000 Panzer und gepanzerte Fahrzeuge aller Art und Typs
- 10.000 Flugzeuge
- 23 Schiffe mit 67.000 Bruttoregistertonnen an Handelsschiffsraum
- 50 Fluß- und Küstenfahrzeuge aller Arten
- 35 Kriegsschiffe darunter befanden sich auch 3 Zerstörer.

Beachtenswert ist die Tatsache, dass die 8,8 cm Flak in einem geschickt angelegten Flak-Riegel eine militärische Katastrophe des Afrika-Korps und eine Niederlage verhindern konnte. Zwischen Tobruk und der Stellung Gazala wurde Rommels Tross am 27. Mai 1942 von seinen Panzerverbänden abgeschnitten. So eingekeilt und mit dem Engpass bei der Versorgung zeichnete sich der schlimmste Feind des Soldaten ab, das Chaos. Zu all dem rollten Rommels Verbänden übermächtige britische Panzerverbände entgegen. Auf dem Weg zu Rommels Gefechtstand fand sich Generalleutnant Walther Nehring in diesem Tollhaus wieder. Inmitten diesem Chaos kam dem Generalleutnant die rettende Idee als er an sich Teile einer 8,8 cm Flak-Batterie vorbeirollen sah. Er stoppte die Geschütze ließ diese in einer Linie in Stellung gehen und Wirkungsbereitschaft herstellen. Des weiteren erteilte er dem Kommandeur des Flak-Regiments 135, Oberst Alwin Wolz, den Befehl alle verfügbaren Geschütze heran zu schaffen und diese, mit den schon in Stellung gegangenen "Achtacht", eine Linie zu bilden. Die Geschütze verteilten sich auf eine Breite von ca. 3 km. Kaum hatte das letzte Geschütz seine Wirkungsbereitschaft gemeldet da ergossen sich auch schon die britischen "Grant-Panzer" über das Schlachtfeld.
Generalleutnant Walther Nehring tauchte im "fliegendem Wechsel" in den Stellungen der Geschütz auf und feuerte eine Männer unermüdlich an die Ziele zu bekämpfen. Das ist wohl das erste mal in der Kriegsgeschichte, dass schwere Flakverbände in einem geschlossenen Einsatz einem Panzerangriff gegenüber standen. Diese massive Mauer aus allen Rohren feuernde Flakkanonen, rettete das DAK und fügte den Briten fürchterliche Verluste zu. Die Angriffe der Briten wurden allesamt abgeschlagen und das Gelände im Vorfeld der Achtacht war mit brennenden und rauchenden Panzerwracks übersäht. Gefangene Briten darunter auch gute Panzerleute konnten die Leistung dieser Kanone nicht fassen und wollten unbedingt die Waffe sehen, die solche Vernichtung anzurichten im Stande ist. Als sie schließlich vor der Achtacht standen war ihre Überraschung groß. Ihr Kommentar: "Für die gezeigte Wirkung recht unscheinbar"
In der Nacht vom 13. auf den 14. September 1942 wurde mit Hilfe der Achtacht ein Britischer Versuch von See her Kommandotruppen an Land zu bringen vereitelt. Unterstützt wurde der Angriff durch Wellington-Bomber von denen jedoch zahlreiche Maschinen abgeschossen wurden. Gemeldet wurde der Abschuss von ca. 23 Maschinen durch die Flakabteilung 114. Ziel dieses Unternehmen war es einen Brückenkopf in Tobruk zu bilden und damit die Versorgungsbasen des DAK zu bedrohen, und im weitern Verlauf die Versorgung von Rommels Truppen gänzlich zu unterbinden. Im Zuge dieses Gefechtes wurde auch das Feuer auf die vor Tobruk kreuzenden britischen Kriegsschiffe eröffnet. Auf eine Entfernung von 6000 Meter eröffnete die Batterie des Oberleutnant Vieweg das Feuer auf den Zerstörer "SIKH" und beschädigte ihn so schwer, dass ein ablaufen aus eigener Kraft nicht mehr möglich war. Der Begleitzehrstörer "ZULU" versuchte in einem waghalsigem Manöver die "SIKH" in Schlepp zu nehmen. Ein Glückstreffer, die wie so oft im Krieg über Sieg oder Niederlage entscheidet, zerschmetterte die Schlepptrosse zwischen den beiden Schiffen. Für den Versuch der Rettung bezahlte die "SIKH" den gleichen Preis wie ihr Schwesterschiff. Die "Acht-acht" und eine Batterie der Italiener schicken beide Schiffe auf den Grund des Meeres. Die geschlagenen Kommandotruppen entkamen auf ihren Schiffen die zum Teil schwerste Beschädigungen davontrugen und für geraume Zeit an den Kampfhandlungen nicht mehr teil nahmen.
Was machte die "Acht-acht" zu einem Geschütz das nicht nur zu einem der besten des Zweiten Weltkrieges sonder noch darüber hinaus bis in die 50er Jahre? Zum einen ist da die gelungene gesamt Konstruktion sowie zum anderen die modernsten Sondergeräte zu nennen. Diese Sondergeräte waren im einzelnen die Zünderstellmaschine, die Kommandoübertragungsgeräte, Entfernungsmesser, Ladeschale für das Laden des Geschützes bei großer Rohrerhöhung und die Möglichkeit der Feuerleitung durch Radar. Ausschlaggebend war aber die hohe V0 mit der das Geschoss das Rohr verließ. Diese hohe V0 ermöglichte eine sehr gestreckte Flugbahn und die Verwendung von Patronen Munition eine hohe Feuergeschwindigkeit von 15 bis 20 Schuss pro Minute. Die Mündungsgeschwindigkeit der Modelle 18, 36 und 37 lag bei ca. 820 m/s. Durch die ständige Verbesserung und Weiterentwicklung der "Acht-acht" wurden bei der Flak 41 eine V0 von 1020 m/s erzielt. Bei der Flak 43 verließ das Geschoss mit 1200 m/s das 6,55 Meter lange Rohr. Der Geschosskopf mit seinen 9 kg Gewicht war auf eine Hülse aus Messing oder Stahl gepresst was abhängig von der Bauart des Rohres war. Als Treibladung war 2,55 kg Nitropenta-Sprengstoff in der Hülse enthalten. Nach Zündung der Treibladung wurde das Geschoss durch den entstehenden Gasdruck durch das Rohr "gejagt". Die Züge und Felder im Rohr sorgten zusammen mit dem enorm hohen Gasdruck und dem Führungsband am Geschoss für den Drall. Das Geschoss verlies das Rohr mit ca. 10.000 UPM und wurde dadurch auf seiner Flugbahn Drallstabilisiert (gestreckte Flugbahn).
Die Flak aller Leistungsklassen verursachten unter den nach Deutschland einfliegenden alliierten Bombern sehr große Verluste. Eine genau Zahl läst sich nicht ermitteln ist aber sicherlich in dem Bereich der tausende anzusiedeln. Nicht nur zur Flug- und Panzerabwehr war dieses Geschütz geeignet auch die Kriegsmarinen verwendete diese Waffe auf ihren Booten und Schiffen. Allerdings wurden entsprechende Änderungen an den Waffen vorgenommen um sie den jeweiligen Aufgaben anzupassen. Verwendung fand die "Acht-acht" auf zahlreichen U-Booten als "Versenkungswaffe" für Handelsschiffe und zur Unterstützung von Prisenkommandos.
Auch das Heer begann im Jahre 1941 damit eigene Flakabteilungen für den Schutz der Truppen aufzustellen. Tarnung gegen Sicht aus der Luft und Schutz von Truppen und Marschierenden Verbänden war für die Wehrmacht zu beginn des Krieges ohne Bedeutung da die deutsche Luftwaffe noch die Luftüberladenheit besaß. Wie bekannt änderte sich das jedoch in zunehmenden Maß und der Schutz der Truppe und die Tarnung der Fahrzeuge gewann immer mehr an Bedeutung. Es zeichnete sich aber immer mehr ab, dass die Heeresflak eine größere Rolle im Kampf gegen Panzer und im Erdeinsatz spielte als im Einsatz gegen Flugziele.
Auch auf dem Gebiet der Fahrzeugbewaffnung wurde die "Acht-acht" heran gezogen um der Truppe leistungsstarke Lösungen an die Hand zu geben. Die Firma Henschel baute den Panzer VI der aber wohl besser unter dem Namen Tiger 1 bekannt wurde. Dieses Fahrzeug wurde zu einer Legende auf dem Schlachtfeld. Seine Konstruktion und Ausstattung gab den "Panzer-Männern" ein Fahrzeug an die Hand das seines gleichen suchte. Nur zwei alliierte Modelle waren dem Tiger ebenbürtig und in Teilen auch überlegen. Das waren auf amerikanischer Seite der Pershing und auf Seiten Russlands der JS II die in der Lage waren den Tiger auf 1800 Metern erfolgreich zu bekämpfen. Der Tiger wurde mit der 8,8 cm Kanone L/56 (Kampfwagenkanone Lang 56, KwK L 56 in der kurzform genannt) ausgerüstet. Auch der Tiger II, der "KÖNIGSTIGER" erhielt als Bewaffnung die 8,8 cm. Allerdings wurde bei diesen Fahrzeug die weiter entwickelte Kanone 8,8 cm KwK L/71 verbaut. Diese Kanone war in der Lage eine Panzerung von 167 mm dicke auf eine Entfernung von 1.000 m im Winkel von 60 Grad zu durchschlagen. Weitere Fahrzeuge wurden mit der 8,8 cm Kanone ausgerüstet. Darunter der Panzer V JAGDPANTHER. Durch seine gelungene Formgebung wies er ein wesentlich günstigeres Leistungsverhältnis an Panzerung und Spezifischem Bodendruck als der Jagdpanzer IV. Bei einem anderen Fahrzeug das mit der 8,8 cm Kanone ausgestattet war, handelte es sich um den Panzerjäger mit der Bezeichnung "NASHORN". Die Kanone verfeuerte aus dem 6,40 Meter langem Rohr das Geschoss mit einer V0 von 1.200 m/s. Das Fahrzeug verwendete ein Fahrgestell, welches auf dem des Panzer IV basierte und den Bedürfnisseen der Panzerjäger einerseits angepasst war und andererseits den Abmessungen der Kanone Rechnung trug. Insgesamt war diese Selbstfahrlafette ein brauchbarer Entwurf für die damalige Situation in der sich die deutsche Panzerindustrie befand. Jedoch konnte sie nie ganz befriedigen da dieses Fahrzeug was Gewicht, Form und Verwendung betraf bei allem ein Kompromiss war.
Wie vermutlich in jedem Konflikt von längerer Dauer so gab es auch im Zweiten Weltkrieg den Versuch erfolgreiche oder erfolgversprechende Waffen in alle Waffenträger einzubauen. So wurde auch bei der "Acht-acht" ein Versuch unternommen diese in ein Flugzeug, es handelte sich um eine He-117, einzubauen um damit Schiffziel zu bekämpfen. Jedoch war der Rückstoß der Waffe so hoch, dass sich in Tragende Teile Risse bildeten und sich Spanten und Holme lösten. Der Versuch einen Flakpanzer zu bauen wurde ebenso wie der Flugzeugversuch nicht weiter verfolgt und ist über das Stadium von Versuch und Planzeichnung nicht hinaus gekommen. Schätzungen zufolge wurden im Zweiten Weltkrieg ca. 14.000 Flugabwehrgeschütz produziert. In diesen Zahlen sind jedoch nicht die Pak und Kampfwagenkanonen enthalten die vor und in der Zeit des Krieges produziert wurden.

Stellt sich nun jetzt die Frage wo sind all diese Geschütze und Halbkettenfahrzeuge nur verblieben? An dieser Stelle möchte ich einen Aufruf an die Leser richten sich an eine Art Nachkriegschronik über den Verbleib der Geschütze zu beteiligen.

© Wolfgang Langer

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