Vignettenbau und Gestaltung Teil 1

Man sitzt am Basteltisch, baut gerade an seinem neuen Modell und denkt daran wie andere Modellbauer ihre Werke in tollen Vignetten oder im Diorama der Öffentlichkeit präsentieren. Man selbst traut sich da nicht wirklich ran weil im Hinterkopf der Gedanke rumspukt: "Das kriege ich niemals hin! Bei mir wird das niemals so realistisch aussehen."
Um jedermann die Möglichkeit zu geben selbst eine ansprechende Vignette zu gestalten haben wir diese Thematik aufgegriffen und stellen hier nun in einem zweiteiligen Bericht den Bau einer Vignette von der Idee bis zum fertigen Produkt vor. Dabei soll die Vignette eine ansprechende Optik durch unterschiedliche Höhenstufen erhalten, aber immer noch so einfach zu gestalten sein dass sie auch von Anfängern problemlos nachempfunden werden kann.
Der hier aufgezeigte Weg zum Ziel ist nur eine der vielen Möglichkeiten die sich dem Modellbauer bieten.

Die Idee / Der Gedanke
Als ich den T-55 im Dienste der Nord Allianz baute kam mir die Idee das Modell auf einem kleinen Sockel mit entsprechender Szene zu darzustellen. Mir schwebte ein T-55 vor, der auf einer leicht erhöht liegenden Straße angehalten hat. Die Panzerbesatzung sieht sich einen ausgebrannten zivilen Pkw an, der unterhalb der Fahrbahn, an der Böschung steht. Das ganze soll sich irgendwo in Afghanistan abspielen.
Soweit steht also die Thematik. Jetzt geht es an die Beschaffung sämtlicher, für den Bau nötigen, Hilfsmittel. Und natürlich müssen auch die passenden Modelle und Figuren beschafft werden.


Für die Vignette kamen folgende Bausätze zur Anwendung:
Tamiya: T-55A, Art. Nr. 35257
MIG Productions: Burnt out modern car, Art.Nr. 35-263
MIG Productions: Lebanese Tanker, Art.Nr. 35-167
MIG Productions: 2 x Arab Tanker, Art. Nr. 35-270
MIG Productions: Striped Metal Drums, Art. Nr. 35-109

Die Planung
Zunächst baute ich die beiden Fahrzeugmodelle. Die Abmessungen dieser Modelle und die geplante Aufstellung zueinander ergeben das Maß für die benötigte Grundfläche der Vignette. Alle Komponenten die man auf der Vignette zeigen möchte müssen mit deren Abmessungen berücksichtigt werden. Mir schwebte in etwa für die Gesamtgröße ein DIN A4 Blatt vor. Daher nahm ich ein solches Blatt, stellte die Modelle drauf, schob sie mehrfach hin und her bis ich in etwa die Platzierung so hatte wie ich es mir vorstellte. Ich habe besonderen Wert darauf gelegt die Modelle nicht parallel zu den Sockelkanten aufzustellen. Sie sollen schräg zu den Kanten stehen. Dadurch ergibt sich eine gewisse Dynamik der Szene und eine erheblich bessere optische Wirkung.


Der große Panzer steht hinten auf der Base, der kleine Pkw dagegen vorn. Das ist ein recht wichtiger Aspekt bei der Planung. Schließlich soll der Blick des Betrachters beide Modelle erfassen. Damit der Panzer auch gut zu sehen ist, und nicht vom Pkw teilweise verdeckt wird, verläuft die Straße leicht erhöht. Die tiefste Ebene befindet sich also im Vordergrund, die höchste bildet den Abschluss im Hintergrund der Szene.

Bei all diesen Spielereien mit den Modellen stellte ich dann auch fest dass als Grundfläche ca. 250 x 180 mm für die Szene ausreichend sind. Siehe Bild 1. Wählt man die Grundfläche zu groß entstehen viele leere Bereiche. Diese müsste man mit Leben, wie weiteren Details oder Blickfängen füllen um das Ganze nicht zu leer, öde und langweilig wirken zu lassen. Ist die Grundfläche dagegen zu klein so könnte alles "irgendwie zusammengequetscht" wirken. So etwas kann aber durchaus auch seinen Reiz haben. Eine Szene, in der vom Betrachter immer wieder neue Details entdeckt werden hat nämlich auch eine wirklich positive Wirkung. So plante ich im linken vorderen Bereich bereits ein Abflussrohr. Das Rohr entsteht ganz einfach aus einem abknickbaren Strohhalm ( Trinkhalm ) wie er in jedem Haushalt zu finden ist. Dann sollte noch verrostetes Benzinfass die Detaillierung der Vignette im vorderen Bereich abschließen. Die Entscheidung über den Detailreichtum bleibt letztendlich jedem selbst überlassen. Ich wollte eine Größe der Grundfläche und einen Detailumfang, passend zu den Modellen, in einem optisch ausgewogenen Verhältnis.

Die Base
Nun geht es daran die richtige Basis für die Vignette zu finden. Stehen die Maße fest könnte man sich im Sockelshop unter www.sockelshop.de das passende aussuchen. Frank Brechmann hat eine riesige Palette der verschiedensten Holzsockel im Angebot. Wem ein fertiger Holzsockel zu teuer ist dem sei der Gang zum Baumarkt empfohlen. Eine zugeschnittene Kiefernplatte ist dort günstig zu haben, mit einer schönen Lasur kann diese dann auch durchaus sehr ansprechend aussehen. Man kann sich aber auch einen Bilderrahmen in entsprechender Größe beschaffen. Diese gibt es relativ günstig im Baumarkt oder in einem bekannten schwedischen Möbelhaus. Wofür man sich nun entscheidet ist eine reine Geschmackssache und auch abhängig von der Größe des Geldbeutels, bzw. des für den Modellbau zur Verfügung stehenden Etats.

In den unendlichen Weiten meines Bastelzimmers lag immer noch ein Sockel rum. Er gefiel mir von der Farbe überhaupt nicht, hatte dafür aber fast genau das richtige Maß. Mit einer Stellfläche von 240 x 175 mm lag er dicht genug an den, auf dem Papier ermittelten, Abmessungen. Die Farbgebung war dann auch schnell geändert. Mit einer Lasur in dunklem Palisander erhielt der Sockel die nötige edle Optik. Dann stellte ich wieder probeweise die Modelle auf den Sockel, markierte auf dem Sockel den Verlauf der Straße, die Böschung und die Positionen der Modelle. Siehe Bild 2.


Der Unterbau
Da die Fahrbahn leicht erhöht liegen soll musste eine Unterfütterung her um die Erhöhung schon grob im Vorfeld zu erhalten. Dazu nahm ich kleine Platten aus Styropor mit einer Stärke von 15 mm, legte sie auf die Base und schnitt sie entsprechend dem geplanten Verlauf der Fahrbahn zu. Siehe Bild 3.


Zusammen mit dem später noch aufzutragenden Fahrbahnbelag in ca. 5 mm Stärke ergeben die Styroporplatten eine Höhe von ca. 20 mm. Das entspricht einer maßstäblichen Böschungshöhe von ca. 70 cm. Ein durchaus realistisches Maß, dass nicht vernachlässigt werden darf, um eine glaubwürdige Szene darzustellen. Für einen sauberen und glatten Abschluss der Kanten wählte ich ein Plastiksheet in 0,5 mm Stärke. Diese Plastikkarte schnitt ich in 20 mm breite Streifen. Die Länge ist abhängig von der Gesamtbreite des Unterbaus ( Fahrbahnbreite plus Böschungsbreite ). Erhältlich sind solche Platten in unterschiedlichen Stärken und Abmessungen im Modellbaufachhandel.

Die Geländegestaltung
Ich beginne nun mit dem Aufbringen von Molto Holz Reparatur Spachtel um das Gelände, den Boden, darzustellen. Diese Spachtelmasse ist in Bechern in unterschiedlichen Größen und Preisen im Baumarkt erhältlich. Die Masse ist relativ grobkörnig und wunderbar geeignet um sandigen Boden darzustellen. Unter Anwendung von Wasser kann sie sehr leicht geglättet werden. Je mehr Feuchtigkeit angewendet wird um so glatter lässt sich die Oberfläche streichen. Nach völliger Aushärtung kann die Oberfläche mittels Schleifpapier bearbeitet werden. Der große Vorteil dieser Masse gegenüber dem erheblich preisgünstigeren Gips ist die lange Trocknungszeit und die spätere Stabilität. Pro Millimeter Schichtstärke beträgt die Trocknungszeit ca. 1 Stunde. Man hat also reichlich Zeit um das Gelände wunschgemäß zu gestalten. Durch Feuchtigkeit ( Zugabe von Wasser ) erhöht sich diese Trocknungszeit erheblich. Hautkontakt soll vermieden werden. Da ich die Spachtelmasse mit der Hand / den Fingern auftrage ziehe ich mir dazu Gummihandschuhe an und befeuchte die Fingerkuppen immer wieder leicht mit Wasser. Das setzt die Haftung des Spachtels an den Fingern deutlich herab und erleichtert die Geländegestaltung ganz enorm. Zum Schutz der Sockelkanten klebe ich diese vor der "Spachtelei" mit billigem Malerkreppband ab. Das gibt's ebenfalls im Baumarkt. Siehe Bild 4.


Bei meiner Vignette begann ich mit dem Spachtelauftrag vorne rechts in dem Bereich wo später der Pkw stehen soll. Nachdem Böschung und Untergrund gestaltet waren drückte ich den Pkw sanft in die Spachtelmasse ein damit das Modell später sicher, und dem Untergrund angepasst, auf der Vignette steht. Vor allem soll der Pkw später mit allen vier Felgen Bodenkontakt haben. Da er leicht schräg an der Böschung steht ist das Einpassen des Modells in den noch feuchten Untergrund unumgänglich. Nach der Aushärtung würde der Pkw niemals kompletten Bodenkontakt haben und somit vollkommen unrealistisch auf den Boden "aufgesetzt" wirken.

Man kann dann in Etappen weiterarbeiten oder durchgängig den "Boden" auftragen. Ein späterer Anschluss von frischer an bereits getrocknete Spachtelmasse ist vollkommen unproblematisch.
Das Abflussrohr im linken vorderen Bereich habe ich in die Styropor Böschung eingesetzt und bereits mit schwarzer Farbe innen und außen grundiert. Wie man unschwer erkennen kann habe ich das Rohr auch weiter nach links versetzt als ursprünglich geplant. Es lag mir zu weit rechts am Pkw und der Bereich vorne links wirkte dadurch leer. Siehe Bild 5


Nachdem ich den Boden aufgespachtelt hatte drückte ich das Fass noch im linken Bereich leicht in den Untergrund damit es auch später leicht im Sand eingesunken wirkt.
Den sandigen Boden im Vordergrund beließ ich relativ grobkörnig und leicht uneben.
Der Fahrbahnbelag musste natürlich geglättet werde. Bedingt durch die lange Trocknungszeit der Spachtelmasse, die ich durch Zugabe von Wasser ja noch verlängert habe, kann man in aller Ruhe und mit Gelassenheit an diese Aufgabe herangehen. Für die erste Glättung habe ich die auf Bild 4 gezeigten Holzspatel verwendet. Sie wurden ebenfalls leicht mit Wasser befeuchtet und dann waagerecht über den "Fahrbahnbelag" gezogen. Dabei abgezogene Spachtelmasse kann genutzt werden um entstandene Vertiefungen in der Oberfläche wieder aufzufüllen. Wir wollen ja nichts verkommen lassen...
Diesen Vorgang wiederholt man nun so oft bis die "Fahrbahn" schön glatt und eben geworden ist. Im maßstäblichen Verhältnis ist die Oberfläche jetzt noch rauh genug um einen realistischen Fahrbahnbelag zu simulieren. Letzte, eventuell aufgetretene, Unebenheiten können nach Aushärtung der Spachtelmasse verschliffen werden. Bild 6 zeigt das jetzt erreichte Ergebnis.


Nun platzierte ich die Fahrzeugmodelle und das Fass auf der Vignette. Siehe Bild 7.
Passt alles so zueinander wie geplant? Wirkt die Szene so wie gedacht? Falls nicht hat man jetzt die Möglichkeit noch kleine Änderungen vorzunehmen, eventuell die Böschung verändern, vielleicht noch einen kleinen Hügel formen...
Der Phantasie sind ja zum Glück keine Grenzen gesetzt. Abgesehen von den Abmessungen der Vignette. Denn die lassen sich nicht mehr ändern.

Flora und Fauna
Für die Gestaltung meiner kleinen Landschaft beschaffte ich mir Gras- und Karstbüschel aus dem Programm von Silhouette Mininatur. Diese Büschel gibt es zum Beispiel bei www.ts-military-models.de in kleinen, recht günstigen, Blisterpackungen. Sylvia Hübner hat dort ein recht umfangreiches Sortiment von diesem "Grünzeug" für den Dioramenbau im Angebot. Ich entschied mich aufgrund der Vorfärbung der Büschel für die Gras- und Karstbüschel Spätherbst. Sie sind bereits leicht grünlich-bräunlich (welch ein Wort...) eingefärbt und passen somit wunderbar zu meiner Szene in der kargen Landschaft von Afghanistan. Zusätzlich werden verschiedene Sorten an MIG Pigmenten zur Anwendung kommen. Leicht felsigen Untergrund stelle ich durch die Verwendung von, natürlich unbenutzter, Katzenstreu dar. Die kleinen Körnchen ergeben schöne kleine Steine...
Dann brauche ich noch etwas Zigarettenasche die im Bereich des ausgebrannten Pkw zur Anwendung kommen soll. Siehe Bild 8.


Die Vignette
Nun geht es endlich los. Ich beginne mit der Bemalung der Fahrbahn. Dazu mischte ich mir aus den Vallejo Farben Mattschwarz und Mattweiß ein grauschwarzen Farbton an und trug diesen als ersten Grundanstrich mittels Airbrush auf die Fahrbahnoberfläche auf. Dann folgten weitere wolkige Aufträge mit leicht aufgehellter Grundfarbe in unterschiedlichen Abstufungen um die Fahrbahn etwas abwechslungsreicher aussehen zu lassen.
Die weißen Markierungen für Fahrbahnrand und Mittelstreifen klebte ich zunächst mit Kreppband ab und lackierte sie dann mit der Airbrush in einem, mit etwas Sandgelb abgetöntem, Mattweiß. Der Sandboden im vorderen Bereich wurde mittels Airbrush in leicht aufgehelltem Sandyellow von Vallejo lackiert. Der Bereich in dem der ausgebrannte Pkw stehen soll wurde etwas dunkler lackiert. Siehe Bild 9.


Noch heben sich die Fahrbahnmarkierungen sehr stark von dem Asphaltgrau der Fahrbahn ab, das wird sich aber mit der weiteren Gestaltung der Vignette ändern. Die Maße für die Markierungen habe ich maßstäblich von originalen Fahrbahnmarkierungen einer deutschen Bundesstraße übernommen. Ob diese Maße sich nun wirklich mit den originalen Markierungen auf Fahrbahnen in Afghanistan decken kann ich nicht sagen. Daher fallen meine Markierungen wohl in den Bereich "künstlerische Freiheit".

An dieser Stelle möchte ich den ersten Teil zum Thema Vignettenbau abschließen. Der grundlegende Aufbau und die grobe Ausgestaltung der Vignette sind nun abgeschlossen. Ich weiß dass dieser Part mit reichlich trockener Theorie gefüllt ist und auch vom Fotomaterial her nicht besonders lecker ausfällt. Ich hoffe aber dass die Fotos vom fertigen Projekt dem Leser schon jetzt Appetit auf den zweiten Teil machen. Wenn wir uns dort dann an die Gestaltung der Vignette mit Modellen, Figuren, Zubehör und Vegetation machen werden die Fotos den überwiegenden Teil des kleinen Workshops ausmachen. Versprochen!



Empfohlene Literatur
Falls jetzt noch jemand den Wunsch nach passender Literatur zu dem Thema hat so kann ich das On Display Vol. 1 aus dem Canfora Verlag empfehlen. Dort werden nicht nur erstklassige Modelle sondern auch die jeweiligen Vignetten in Wort und Bild vorgestellt. Die Palette reicht von relativ einfachen bis hin zu anspruchsvollen Maßnahmen um die Modelle in kleinen Szenen zu präsentieren.



(C) 02/2009 Thomas Stefanus